Zweiter Elektro-Lkw der WWP ist da

Wir von MANN Naturenergie beschäftigen uns ja den ganzen Tag mit echtem Öko-Strom und seiner Nutzung. Die üppige Batterie dieses neuen Volvo speichert satte 450 Kilowattstunden Energie. Damit wird der 666 PS starke Elektro-Lkw angetrieben, der soeben auf dem Hof der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) angekommen ist. Er ist der zweite vollelektrische Lastwagen, den die WWP im regionalen Verteilerverkehr einsetzen.

Fahrer Volker Schütz wird den Volvo nutzen, um lose Westerwälder Holzpellets im Siloauflieger zu umweltschonend heizenden Kunden zu fahren. In den nächsten Tagen wird das neue Fahrzeug, das eine Nutzlast von 32 Tonnen hat, noch foliert und bekommt dabei den bekannten WWP-Look.


Zertifizierter Strom für die lokale Energiewende

„Natürlich kennt man den Markus Mann hier im Westerwald und weiß, wie ,MANN Naturenergie‘ arbeitet. Dort gibt es eine große Transparenz, große Verlässlichkeit – und deshalb auch großes Vertrauen von uns“, sagt Timo Karl, Nachhaltigkeitskoordinator der Verbandsgemeinde Hachenburg. Das Westerwälder Unternehmen beliefert ab diesem Januar kommunale Liegenschaften in der gesamten Verbandsgemeinde mit zertifiziertem Ökostrom. Eine Kooperation, die viel Positives in sich vereint.

Wenn der Alte Markt, Hachenburgs „gute Stube“, abends romantisch illuminiert ist, fließt dafür nun Ökostrom von MANN.

In der Verbandsgemeinde Hachenburg wurde schon bisher „grüner“ Strom genutzt. Klimaschonende Energie ist in der Gebietskörperschaft nichts komplett Neues. Ab 2023 gibt es aber eine Veränderung: Nunmehr wird „MANN Naturenergie“ die kommunalen Liegenschaften mit Ökostrom beliefern. Weil es der ausdrückliche Wunsch der Verwaltungsspitze gewesen sei, nicht nur Ökostrom zu beziehen, sondern eindeutig zertifizierten, antwortet Timo Karl auf die Frage, warum man sich für einen Wechsel des Versorgers entschieden habe.

Klima- und Umweltschutz seien der Kommune überaus wichtig, betont der Nachhaltigkeitskoordinator. „Wir haben seit 2016 ein Klimaschutzkonzept. Außerdem war die Verbandsgemeinde Hachenburg einer der Pioniere, die einen Klimaschutzmanager eingestellt haben. Wir verfolgen sehr ambitioniert das Ziel, Treibhausgasemissionen zu senken und auch, die lokale Energiewende voranzutreiben“, verdeutlicht Karl. „Was man sich auf dem Markt beschaffen muss, versucht man, regional zu beschaffen – so wie jetzt mit ,MANN Naturenergie‘. Oder strebt an, da, wo es möglich ist, eigene Energiekapazitäten aufzubauen.“

Nicht allein die Stadt Hachenburg selbst erhält „MANN Strom“, sondern sämtliche Liegenschaften der Verbandsgemeinde wie beispielsweise die „Sonnenbergschule“ in Müschenbach. Fotos: Schmalenbach

In der Verbandsgemeinde Hachenburg sind schon einige Projekte umgesetzt worden. Photovoltaikanlagen oder ein Solarpark etwa. „Mit diesen Maßnahmen wollen wir die erneuerbare Stromversorgung hier vor Ort stärken und unsere Abhängigkeit vom Großmarkt reduzieren“, erläutert Timo Karl. Daneben setze man auf die energetische Sanierung von Gebäuden. So wurde beispielsweise das Verwaltungsgebäude der Verbandsgemeinde in Hachenburg mit Fördermitteln des Bundesumweltministeriums modernisiert. „Dadurch sind in der Folge sehr umfangreich Treibhausgasemissionen eingespart worden.“

Auch das Dorfgemeinschaftshaus „Haus Alhäuser“ in Giesenhausen wird mit dem Ökostrom aus Langenbach versorgt.

Die Partnerschaft mit MANN passe da „natürlich total gut rein“, hebt der Westerwälder hervor. Eine komplette Selbstversorgung mit eigens produzierter „grüner“ Energie sei in der Verbandsgemeinde schließlich noch nicht möglich. „Also muss man mit einem verlässlichen Partner zusammenarbeiten, der genau den Strom liefern kann, der mit unserem Klimaschutzkonzept einhergeht. Und in Zeiten von nationalen und globalen Marktunsicherheiten – was liegt da näher, als auf einen verlässlichen, regionalen Partner zu setzen?“

Die Verbandsgemeinde Hachenburg hatte den Stromvertrag ausgeschrieben. Am Ende erhielt der Energieversorger aus dem nahen Langenbach den Zuschlag. „MANN Strom“ ist vom TÜV zertifiziert und stammt zu 100 Prozent aus Wasserkraftwerken sowie regionalen Erzeugungsanlagen. Das „Grüner-Strom-Label“ stellt sicher, dass bei MANN nicht einfach nur Atomstrom umetikettiert wird. Das Westerwälder Unternehmen garantiert also echten, physikalisch gekoppelten Ökostrom – und nicht welchen, der durch bilanzielle Darstellung dem „Greenwashing“ unterzogen wurde. „Das ist eine Besonderheit bei ,MANN Naturenergie‘, dass der Strom zertifiziert ist, wir den genauen Nachweis haben, woher er stammt“, unterstreicht Timo Karl.

Ökostrom von MANN zu beziehen, sei ein „fortgesetztes Engagement“ der Verbandsgemeinde Hachenburg, betont Timo Karl. Foto: privat

Durch die Energiekrise herrsche derzeit eine angespannte Strommarktlage, so Karl. Es sei durchaus eine Herausforderung für die Kommune gewesen, Angebote zu erhalten, „die einigermaßen tragfähig sind.“ Umso mehr habe man sich schließlich gefreut, dass „MANN Naturenergie“ nicht nur das wirtschaftlich nachvollziehbarste und beste Angebot abgegeben habe, sondern dieses zugleich von einem Energieversor- ger aus der Region kam. „Da wählt man dann natürlich nicht den Stromversorger in Belgien, sondern den aus Langenbach“, lacht Karl. Mit MANN habe einfach alles gepasst.

Timo Karl hat seine Tätigkeit für die Verbandsgemeinde Hachenburg im vergangenen November aufgenommen. Bei seiner Aufgabe gehe es darum, wirtschaftliche Maßnahmen und Projekte der Verbandsgemeinde auf ihre Nachhaltigkeit zu überprüfen: „Sind sie mit dem Klimaschutzkonzept kompatibel oder können wir sie anders gestalten, um das Konzept weiter umzusetzen?“, beschreibt der Politikwissenschaftler. Aktuell nehme natürlich auch die Bewältigung der „Energiepreiskrise“ großen Raum ein.

Er sei Ansprechpartner für Bürger und Unternehmen der Verbandsgemeinde, ergänzt Karl. Bezüglich der Klimaschutzziele bedeute dies, dass er verschiedene Akteure und ihre Interessen zusammenführe. „Das heißt also auch, dass wir die Maßnahmen, die wir ergreifen – wie jetzt zum Beispiel den Abschluss mit ,MANN Naturenergie‘ – an die Öffentlichkeit tragen, immer wieder Menschen informieren und mit einbinden, sie also an der Energiewende partizipieren lassen.“ Das sei der Schlüssel, um Akzeptanz zu schaffen, führt der aus Neunkhausen Stammende aus, der sich vor seiner Tätigkeit für die Verbandsgemeinde Hachenburg bereits jahrelang mit Studien zur Klimakrise auseinandergesetzt hat.

Umso wichtiger sei es, Partner wie MANN zu haben, fügt der Nachhaltigkeitskoordinator an. Es bestehe ein „großes Vertrauen“ zu dem Stromversorger aus der Westerwälder Heimat, wiederholt Timo Karl noch einmal. „Das Vertrauen, dass man eine Kooperation eingeht, die nachhaltig ist und Sinn macht für die Region.“

Andra de Wit

Die moderne Straßenbeleuchtung der Barockstadt Hachenburg wie hier in der Judengasse wird ebenfalls ausschließlich mit „grüner“ Energie betrieben.

Ein perfekter Platz für die Spedition

„Wir Manns kommen nicht über den Schulweg in Langenbach hinaus“, scherzt Thomas Mann, „alles fing in Nummer 2 an, in 10 bin ich aufgewachsen, jetzt lebe ich in 12. Und wir landen dann irgendwann im Schulweg 20 – da ist der Friedhof.“ Gleich am Anfang dieser Straße war es, wo Emil Mann mit einem gebrauchten Lkw der „Nationalen Automobil-Gesellschaft“ 1925 sein bescheidenes Fuhrunternehmen gründete – und damit letztlich den Grundstein legte für die Spedition von Enkel Thomas Mann und ebenso für die von seinem Bruder Markus geleiteten „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) sowie „MANN Naturenergie“. Doch am 7. Oktober ist Thomas Mann „ausgezogen“, die Spedition an einen anderen Standort verlegt worden. Haben die beiden lange auf dem selben Grund und Boden arbeitenden Brüder nun Streit, wie verschiedentlich gemutmaßt wird?

Beim gemeinsamen Interview mit seinem Bruder Markus (siehe https://www.mann-energie.de/blog/2022/12/9/markus-und-seine-mnner-breiten-sich-aus) lacht Thomas Mann nur, darauf angesprochen, ob der Umzug der Spedition etwas mit dem Verhältnis zueinander zu tun hätte: „Wir sind am Morgen noch bei einem Freund gewesen, der heute 60 Jahre alt wird, und haben ihm gratuliert – gemeinsam, natürlich.“ Wie beide Manns schildern, sei es bei der Veränderung, die dazu geführt hat, dass das „Fuhrunternehmen“ aus dem Schulweg nach 97 Jahren erstmals nicht mehr dort beheimatet ist, allein um organisatorisch und ökonomisch kluge Entscheidungen gegangen, die dem Wachstum bei den WWP Rechnung tragen.

Thomas Mann freut sich: Am neuen Standort gibt es viel Platz für seine Mitarbeiter und die Lkw. „Wir sind echt aufgestiegen“, sagt er, „nicht nur die 30 Höhenmeter vom einstigen Standort im Schulweg hier herauf, sondern auch, was den Komfort der Arbeitsumgebung angeht.“ Fotos: Schmalenbach

In der Trift im Osten Langenbachs: Zwischen dem ehemaligen Truppenübungsplatz Daaden auf dem 654 Meter hohen „Stegskopf“ und dem die Ortsgemeinde südlich begrenzenden Langenbach hat es früher häufig laut geknallt und gekracht. Gleichwohl nicht wegen Schießübungen der Bundeswehr. Vielmehr kam im dortigen Basaltsteinbruch Sprengstoff zum Einsatz, im „Brecher“ wurden die Felsbrocken anschließend mit viel Getöse zerkleinert.

1979 wurde der Steinbruch stillgelegt, denn noch immer vorhandene Basaltvorkommen hätten auf dem Areal des Truppenübungsplatzes abgebaut werden müssen, was gleichwohl unmöglich war. 1985 wurde die einstige Grube so zum „Langenbacher Weiher“, an einer Zufahrt zum Gelände erinnert eine alte Lkw-Waage heute noch an die Gewinnung des für den Westerwald so typischen Gesteins.

Für die Wartung der Lkw und anderer Fahrzeuge der Spedition sind zwei Gruben in der Werkstatt schon vorhanden gewesen.

Wenige Meter weiter – dort mag zu Steinbruchzeiten zum Beispiel dessen Brecheranlage oder Silo gestanden haben – hat die Spedition MANN im Oktober eine Liegenschaft bezogen, die vormals das Busunternehmen Knautz nutzte. „Hier war alles vorhanden und nach drei Jahren Stillstand auf Knopfdruck funktionstüchtig, von der Heizung bis zur Glasfaser-Netzwerktechnik“, freut sich Thomas Mann, der neue Hausherr in der Trift. Er übernahm – für eine Spedition ist sie extrem wichtig – dabei eine große Hoffläche zum Rangieren und Abstellen der Lkw und für vier Dutzend Container, die dort als Vorrat für Kunden vorgehalten oder in Langenbach repariert werden.

In den Hallen auf dem Gelände am alten Steinbruch gab es bereits beim Einzug eine Reihe Einrichtungen, die die Speditions-Leute bestens gebrauchen können: zwei Gruben in einer Werkstatthalle etwa, um komfortabel an der Unterseite der Fahrzeuge arbeiten zu können, ein direkt angrenzendes Ersatzteillager oder auch eine große Waschstraße. Ein Laufkran „schwebt“ auf Schienen unter dem Dach, „falls wir mal schwere Lasten heben müssen“, nickt Thomas Mann zufrieden. Ein optimal zugeschnittenes Bürogebäude für die Verwaltung der Spedition war obendrein vorhanden und bezugsfertig. Über eine Richtfunkverbindung zum vielleicht 800, 900 Meter Luftlinie entfernten Firmengelände von „MANN Naturenergie“ ist die Firma von Thomas Mann weiterhin mit demselben Netzwerk sowie der früheren Telefonanlage des Hauses verbunden und konnte die Durchwahlen mitnehmen, die zuvor im Verwaltungsgebäude im Schulweg gültig waren.

„Das ist wirklich perfekt hier für uns. Genug Platz für alle Anforderungen – wir konnten überdies das Reifenlager hier einrichten, das früher sehr beengt in der Halle 2 bei den ‚Westerwälder Holzpellets‘ untergebracht werden musste“, erläutert der Speditionschef und zeigt auf Regale mit vielen Rädern. Dort lagern die Sommer- beziehungsweise Winterreifen für die elektrischen Firmenfahrzeuge, die sein Bruder Markus angeschafft hat und den Mitarbeitern von „MANN Naturenergie“ und WWP zur Verfügung stellt, damit diese ihren CO2-Fußabdruck auf dem Arbeitsweg verringern können (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete).

Thomas Mann im Reifenlager, wo auch die Räder für die WWP-Elektro-Autos aufbewahrt werden.

Selbst hier, zwischen „Conti Wintercontact“, „Michelin Primacy“ und diversen anderen Pneus, ist also vom angeblichen Zerwürfnis der beiden Brüder wenig zu sehen; im Gegenteil, für die WWP würden hier zukünftig selbstverständlich ebenso deren Silo-Lastwagen gewartet, unterstreicht Thomas Mann. Und in drei Tagen, wenn Hausmeister Tomeck, die „gute Seele“, die viele Dinge in Schuss hält bei allen MANN-Unternehmungen, seinen „Vierzigsten“ begeht, wollen Thomas und Markus Mann seiner Einladung folgen und zur Feier gehen – und abermals gemeinsam gratulieren.

Uwe Schmalenbach

Markus und seine Männer breiten sich aus

Thomas und Markus Mann sind nicht nur Unternehmer, sondern auch Brüder und ihr ganzes bisheriges Unternehmerleben auf dem selben Betriebsgelände tätig. Darüber, warum sich das ändern musste, sprach mit dem Speditionschef und dem geschäftsführenden Gesellschafter der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) Uwe Schmalenbach.


Mancher Einheimische munkelt, warum nur die Spedition aus dem Schulweg fortgezogen sei – nach fast 100 Jahren am selben Platz!

Thomas Mann: Selbstverständlich haben wir teilweise unterschiedliche Ansichten und Einstellungen zu manchen Themen – aber wir haben ganz gewiss keinen Streit! (lacht)

Markus Mann: Einige Leute wundern sich einfach nur, weshalb der Thomas aus dem Schulweg weg ist, wo die Spedition doch so lange hier zu Hause war…

Thomas Mann: Ohne, dass er es wusste (Anm. d. Red.: deutet auf seinen Bruder Markus), habe ich mir bereits im vergangenen Jahr Gedanken gemacht, wohin wir ausweichen könnten, habe mit dem Eigentümer der Immobilie in der Trift gesprochen. Den Gedanken des Weggangs hatte ich 2021 schon.


Markus (links) und Thomas Mann betrachten ein Foto aus den Gründerjahren ihres Großvaters: Der startete unter der Adresse Schulweg 2 sein kleines Fuhrunternehmen, auf das letztlich sogar die heutige Spedition MANN zurückgeht, die nun am Langenbacher Weiher ihre Betriebsstätte eingerichtet hat.

Wie ist der entstanden?

Thomas Mann: Ganz einfach: Weil ich die enorme Entwicklung der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) und von „MANN Naturenergie“ aus nächster Nähe beobachten konnte, gesehen habe, wie die „Stromer“ und Pelletierer sich mehr und mehr erweitern. Und nachdem uns in unmittelbarer Nachbarschaft zweimal ein Korb gegeben wurde, beim Versuch, das angrenzende Grundstück für Erweiterungen zu nutzen, musste man sich halt andere Gedanken machen.


Was waren die Alternativen, über die Sie nachgedacht haben?

Thomas Mann: Man hätte sehr viel Geld in die Hand nehmen können, um das Betriebsgelände umzubauen und zu optimieren. Doch das wäre ein unverhältnismäßig hoher finanzieller Aufwand gewesen – und trotzdem hätten wir weiter mit Kompromissen bei den betrieblichen Abläufen leben müssen. Stattdessen gab es die Möglichkeit, die Ideallösung in der Trift beim Schopfe zu packen. Wir als Spedition haben jetzt wirklich ein sehr komfortables Leben da oben – von der Aufteilung her, von der Werkstatt, es liegt alles kompakter mit kürzeren Wegen beieinander. Von der Kranbahn zum Beispiel, über die wir nun verfügen, haben wir immer geträumt! Wir haben Platz ohne Ende nur für uns. Und wir haben „gechilltere“ Menschen in unserer Werkstatt.


Wieso das?

Thomas Mann: Bisher war es so, dass mal wir den Kollegen bei den WWP etwas in den Weg gestellt haben und ein Lkw umgeparkt werden musste. Und umgekehrt stand mal ein Paket Holz unseren Fahrern beim Rangieren im Weg oder eine große Heizungsanlage, die für die WWP umgebaut wurde, in unserer Halle. Das sind Dinge, wo es irgendwann zu Reibung unter den Mitarbeitern kommt. Jetzt können Markus und seine Männer sich viel effizienter ausbreiten, eine bessere Struktur reinbringen. Am Anfang gab es ein Kraftwerk, ein kleines Pelletwerk – mittlerweile ist es ein Industriebetrieb mit eigenem Sägewerk, der einfach anders geführt werden muss als zu Beginn.

Markus Mann: Wir hatten schon länger entschieden, dass wir sehr sicher noch ein zweites Sägewerk neben die jetzige Linie bauen werden. Und dass wir mit dem Bau der Trockenkammern und der damit verbundenen „Umstapelanlage“ eine größere Fertigungstiefe erreichen wollen, ebenso wie mit einer neuen Produktionshalle für keilgezinktes Holz und gehobelte Ware. Da war klar: Ui, dafür brauchen wir zukünftig erheblich mehr Fläche. Und es gibt viel mehr Arbeit und weitere neue Arbeitsplätze für die Region. Die Menschen müssen irgendwo hin, und unsere Verwaltung muss ebenfalls wachsen – und irgendwo sitzen.

Thomas Mann: Das Esszimmer unserer Mutter ist schön – aber als dauerhafter Bürogebäudeersatz nicht geeignet! (lacht)


Die alte Schule im Schulweg 5, die Sie einst selbst als Schüler besucht haben, wurde aus Platznot zwischenzeitlich sogar geräumt, um dort das Team E-Mobilität auszuquartieren, richtig?

Thomas Mann: Ja. Jetzt sitzen die wieder bei ihren Kollegen im Haupthaus, wo wir unsere Büroetage zur Verfügung gestellt haben. Und wir können in der alten Schule wieder Fahrerschulungen durchführen; Markus kann dort seine Produkte präsentieren und seine Kunden und Besucher ordentlich empfangen.


Es ging beim Wegzug der Spedition also vor allem um den Raum, den nun die Mitarbeiter im Bereich der erneuerbaren Energien benötigen?

Markus Mann: Ja. An den sonstigen Synergien halten wir fest: Alles, was bei den WWP im Container transportiert werden muss, fährt Thomas weiterhin für uns. Ob das Brennstoff für unser Biomasse-Heizkraftwerk oder Nebenprodukte aus anderen holzverarbeitenden Betrieben sind, die bei uns zu Pellets gemacht werden.


Was passiert mit der Halle, die die Spedition bisher zu Wartungszwecken benutzt hat?

Markus Mann: Die liegt mitten im Firmengelände. Deswegen ziehen wir dort mit unserer Zentralwerkstatt, der Schlosserei, hinein, ins Zentrum zwischen Kraftwerk, Sägelinien und so weiter. Dann haben unsere Schlosser viel kürzere Wege, egal, wo sie tätig werden müssen.

Thomas Mann: Früher haben wir acht Fahrzeuge von uns davor abgestellt und bis zu 45 Container – das muss alles irgendwo hin. Zugleich brauchen die WWP Platz, um Holz zu lagern, damit gewährleistet ist, dass der Sägebetrieb selbst dann über mehrere Tage weiterlaufen kann, wenn einmal kein Nachschub kommt. Und unsere neue Betriebsstätte da oben – der Betriebssitz ist weiterhin der Schulweg – hat für mich persönlich einen weiteren Vorteil (lächelt): Ich laufe morgens mit meinem Hund hoch, mittags zum Essen zurück, danach wieder rauf und abends nach Hause – mein Hund und ich haben dadurch Bewegung! Der Umzug ist also auch noch der Gesundheit förderlich. Und Markus konnte nicht so einfach auf ein anderes Gelände ausweichen. Es bringt ja nichts, Kraft- und Pelletwerk und die SEO-Sägeanlage hier stehen zu haben und die neuen Anlagen woanders zu installieren – das schafft nur unsinnigen innerörtlichen Verkehr.

Markus Mann im Treppenhaus, über das man zur Büroetage im zweiten Stock gelangt, die sein Bruder für Mitarbeiter von „MANN Strom“ freigemacht hat.

Studie: MANN Strom ist „besonders nachhaltig“

Welche Ökostromtarife sind als „Strom für Klimaschützer“ empfehlenswert? Dieser Frage ist das Magazin „WirtschaftsWoche“ (WiWo) nachgegangen: In einer Studie in Kooperation mit dem „Handelsblatt Research Institute“ (HRI) sind die „besten nachhaltigen Stromanbieter“ ermittelt worden. MANN Strom ist in dem Ranking als besonders nachhaltig gelistet worden.

MANN achtet nicht nur beim Kunden auf Nachhaltigkeit, sondern nutzt auch für den eigenen Betrieb selbst produzierte Naturenergie. Das Unternehmen hat etwa eine Gesamtleistung an Photovoltaik von einem Megawatt. Foto: Schmalenbach

Das HRI ist ein nach eigenen Angaben unabhängiges Forschungsinstitut, dessen Team unter anderem aus Volks- und Betriebswirten, Politologen sowie Informationswissenschaftlern besteht. Für die Analyse der „WirtschaftsWoche“ hat es die Ökostromtarife von 96 bundesweit aktiven Anbietern verglichen. Es wurden dann die Tarife von Betreibern ausgewählt, deren Strom zu 100 Prozent aus physikalisch gekoppelten erneuerbaren Energiequellen stammt und nicht nur aus kaufmännisch-bilanziellen – eine Bedingung, die schließlich nur ein verhältnismäßig geringer Teil der untersuchten Energielieferanten, nämlich lediglich 36 Ökostromversorger, erfüllten.

Deren Leistungen wurden anschließend noch einmal unterteilt: 20 Tarife fielen in die Kategorie „nachhaltig“ und weitere 16 wurden als „besonders nachhaltig“ aufgelistet. Als „besonders nachhaltig“ wurden Leistungen von Betreibern ausgezeichnet, die zusätzlich die Vorgaben der anerkannten Ökostromsiegel „Grüner Strom“, „OK Power“ oder „Robin Wood“ einhielten. Unter den als „besonders nachhaltig“ eingestuften Anbietern findet sich auch „MANN Strom“.

Der entsprechende Tarif des Langenbacher Energieversorgers ist mit dem „Grüner-Strom-Label“ ausgezeichnet. Dieses stellt nicht nur sicher, dass kein Atomstrom umetikettiert, also kein sogenanntes „Greenwashing“ betrieben wird, es garantiert zudem, das pro Kilowattstunde Strom ein Förderbetrag buchstäblich in den Ausbau erneuerbarer Energien fließt.

In dem Artikel „Das sind die besten nachhaltigen Stromanbieter“ (er ist online unter www.wiwo.de/unternehmen/energie zu finden) legt WiWo-Redakteur Martin Gerth die Hintergründe der Untersuchung dar und weist unter anderem darauf hin, dass viele Deutsche dazu bereit wären, für Ökostrom etwas mehr zu bezahlen. Die Studie zeige auf, welche Angebote einen solchen „Mehrpreis für den Klimaschutz“ rechtfertigen. Doch es sei wichtig für Stromkunden, Angebote genau zu überprüfen. Interessant: Die „WirtschaftsWoche“ hat zwei Online-Vergleichsportale, die dabei eigentlich helfen sollen, einem nicht repräsentativen Test unterzogen und dabei festgestellt, dass die Dienste nur unzureichend informieren. Das sei enttäuschend, schreibt Gerth.

Die Studienergebnisse des HRI für die WiWo könnten da eine bessere Orientierung für den Verbraucher sein. Seit 2020 ermittelt das Wirtschaftsmagazin jährlich nachhaltige Ökostromanbieter – MANN Naturenergie gehörte bereits in der Vergangenheit zu den ausgezeichneten Unternehmen.

Uwe Schmalenbach

Das ist schon sehr beeindruckend

Die sechsjährige Mia interessiert sich am Stand von Sema Dercin und Volker Schmidt noch nicht so sehr für die kommenden Tarife…

Zwar wohnt die Tochter Brigitte und Lothar Pörschs in Gackenbach, also dem Südlichen Westerwald. Doch dass die Hunsrücker heute im Westerwald unterwegs sind, hat einen anderen Grund, als einen Besuch beim Nachwuchs: „Wir sind nur wegen der Firma MANN gekommen, als treuer Kunde“, sagt Lothar Pörsch.

Pörschs leben in Simmern und sind Bezieher von „MANN Strom“. „Außerdem haben wir noch jemand weiteren vermittelt“, ergänzt Brigitte Pörsch. Wirklich echten Öko-Strom zu nutzen, sei ihm sehr bedeutsam, betont das Paar, darum habe man einen Vertrag mit MANN abgeschlossen. Sie seien naturverbunden, antworten Pörschs auf die Frage, warum ihnen die Grünstrom-Nutzung wichtig sei, „und das Geld bleibt hier in Rheinland-Pfalz“, fügt Brigitte Pörsch an.

Die SEO-Anlage ist eine Station auf der Tour, an der auch Winkels (rechts) teilnehmen. Fotos: Schmalenbach

Den Weg nach Langenbach haben die Hunsrücker auf sich genommen, „weil wir das Team von dem Herrn Mann mal näher kennenlernen wollten“, erzählt Lothar Pörsch. Klar, dass der Ökostrom-Pionier seinen Gästen aus Simmern auch selbst für ein Gespräch zur Verfügung steht.

Am Stand von Sema Dercin und Volker Schmidt führen andere Besucher der „Tage der offenen Tür“ ebenfalls durchgängig Gespräche. „Wie werden die Stromtarife künftig aussehen? Ob wir neue Kunden aufnehmen“: Das seien die Themen, zu denen die Besucher sich austauschen möchten, schildert Sema Dercin vom Strom-Vertrieb bei „MANN Naturenergie“. Ihr Kollege Volker Schmidt beschreibt, dass viele die Furcht, die Energieversorgung könnte unbezahlbar werden, umtreibe: „Wird es wirklich so teuer, wie man überall höre?“ Schmidt kann die meisten Fragesteller beschwichtigen: Frühzeitiger Einkauf des Stroms schütze bei MANN weitestgehend davor, dass Stromtarife Höchstwerte erreichten „und es bei uns im Vergleich zu jenen, die teilweise jetzt schon über 60 oder 70 Cent verlangen, moderater bleibt.“ Das Gespräch mit den Experten beruhige die Menschen, nicken Sema Dercin und Volker Schmidt.

Angela Haas ist zu den „Tagen der offenen Tür“ gekommen, weil sie in der jüngsten „Wäller Energiezeitung“ „der Artikel über den Baggerfahrer total angesprochen“ habe, wie sie sagt. „Mensch, ich dachte, das scheint ein Unternehmen zu sein, bei dem es auch noch um andere unternehmerische Werte als nur Profit geht. Es hörte sich so wertschätzend an, was ich da über die Geschichte des Baggerfahrers gelesen habe. Das finde ich total interessant, darum wollte ich das Unternehmen selbst kennenlernen.“

Christian und Kerstin Schlepper aus Alpenrod möchten sich den Arbeitsplatz ihres Bekannten ansehen.

Angela Haas guckt mit ihrem Sohn Fynn in den Großspeicher. Sie beeindrucke die Wertschätzung der Mitarbeiter bei WWP, wie sie schildert.

„Ich kannte die Firma noch nicht. Die Idee, herzufahren, kam von meinen Eltern, und ich dachte, das ist mit Sicherheit interessant“, so Sohn Fynn Haas, der just mit der Mutter einen Blick in den Großspeicher bei den Westerwälder Holzpellets geworfen hat. Ihm imponiere „die ziemlich gut durchdachte Kreislaufwirtschaft“, mit der bei den WWP möglichst viel aus dem Holz herausgeholt und auch Nebenprodukte sowie Restwärme der Anlagen genutzt werde. „Das ist schon sehr beeindruckend.“

Günther und Ulrike Winkel möchten sich ansehen, wo der Brennstoff für ihre neue Pelletheizung herkommt.

„Weil wir jemanden privat kennen, der hier arbeitet. Da wollten wir uns das Ganze einmal angucken“, erläutern Christian und Kerstin Schlepper den Grund ihres Besuchs der „Tage der offenen Tür“. Sie haben wissen wollen, wie es am Arbeitsplatz des Bekannten aussehe. „Wir sind noch nie vorher hier gewesen, und trotz des Wetters gefällt uns der Einblick sehr gut. Außerdem beziehen wir selbst ‚MANN Strom‘. Und wir sind sehr zufrieden damit, auch, weil das Unternehmen sehr regional ist“, unterstreichen die in Alpenrod Wohnenden.

Lothar und Brigitte Pörsch sind Stromkunden und mit ihrem Bekannten Reinhard Schug (von links) aus dem Hunsrück zu den “Tagen der offenen Tür” gekommen, um das Unternehmen von Markus Mann kennenzulernen.

Einen geringfügig weiteren Weg zu den „Tagen der offenen Tür“ bei WWP und „MANN Naturenergie“ als Schleppers hatten Ulrike und Günter Winkel aus Burbach. Sie haben soeben eine Pelletheizung einbauen lassen, die eine alte, nicht sehr ökologische Ölheizung ablöst und nun vor der ersten Heizperiode steht. „Da wollten wir uns einmal ansehen, wo die Pellets herkommen, die wir getankt haben.“ Es sei wichtig, einen Pelletlieferanten zu wählen, bei dem die Anfahrtwege bei der Lieferung nicht zu lang sind, stellt Günter Winkel heraus. Auch Ehefrau Ulrike hebt hervor, dass es zwar schöneres Wetter für so einen Ausflug geben könnte – „doch es ist wichtig, dass wir uns mit der Frage, wie unsere Energieversorgung organisiert ist und wo der Brennstoff herkommt, beschäftigen!“

Uwe Schmalenbach

Am Anfang der Führung und der Firmenhistorie

Die Fragen der Energiewende treiben offenbar viele Menschen um – die darum trotz des Wetters zahlreich an den Führungen teilnehmen und dabei ihre Fragen stellen.

Das Wetter ist, da gibt es nichts zu beschönigen, ausgesprochen bescheiden. Umso auffälliger ist, wie viele Menschen dennoch der Einladung gefolgt und zu den „Tagen der offenen Tür“ bei den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) und „MANN Naturenergie“ gekommen sind – und, trotz Starkregens, vor allem wissbegierig an den Führungen teilnehmen, die im Stundenrhythmus „den Weg des Holzes“ durch den Betrieb nachzeichnen, an dessen Ende die Verwertung von Sägenebenprodukten als Material für CO2-arme Holzpellets steht.

Geliehenes Geld, mit dem ein Westerwälder Speditionskaufmann, den das Studium nach Bremen geführt hatte, anno 1991 ein Windrad aufstellte – das erste von Rheinland-Pfalz übrigens – und damit seine frühen Gehversuche in Sachen erneuerbarer Energien unternehmen konnte: Die Gruppe, die WWP-Projektingenieur Daniel Rahn gerade zum Rundholzplatz führt – auf dem am Tag 13 bis 18 Lkw-Ladungen Fichtenholz ankommen, die dort in Längen und Qualitätsklassen sortiert werden –, ist beeindruckt von der Entstehungsgeschichte der von Markus Mann gegründeten Unternehmen. Heute versorgen sie Zehntausende Menschen mit CO2-armer Wärme und „grünem“ Strom. Oder ebenso Betriebe und Institutionen von der „Westerwald-Brauerei“ bis zur Stadt Bonn, die damit unter anderem ökologisch sinnvoll Straßenbahnen fahren lässt, während erstere das in der Region beliebte „Hachenburger“ mit MANN-Ökostrom kühlt.

Wie und woraus werden eigentlich Pellets gemacht? Daniel Rahn zeigt der Gruppe das Ausgangsmaterial. Fotos: Schmalenbach

Bei dieser Pionierleistung zur regenerativen Energieerzeugung blieb es indes nicht: 1994 folgte bei den WWP der Bau des Biomasse-Heizkraftwerks, das die Besuchergruppe um Daniel Rahn ebenso erklärt bekommt wie die Pelletpressen. Die für sie benötigten Späne werden, so Rahn, mit der Abwärme des Kraftwerkes getrocknet. Hat frisch eingeschlagenes Holz im Mittel einen Wassergehalt von 50 Prozent, wird jener der Späne vor dem Pressen mittels eines Bandtrockners auf zwölf bis zehn Prozent reduziert. Der Spänevorrat wird zuvor in einer Halle gelagert, die ebenfalls auf dem Rundgang liegt.

Die Teilnehmer der Tour folgen Daniel Rahn auf „dem Weg des Holzes“, der gleichermaßen in die SEO-Sägeanlage führt, in der Bretter für Industrieverpackungen gefertigt werden – die anfallenden Späne dienen wiederum als Material für die Westerwälder Holzpellets. „Für diesen Brennstoff wird also kein Baum eigens gefällt“, beantwortet der WWP-Ingenieur eine der häufig gestellten Besucher-Fragen.

Die Besucher interessieren sich ebenso für die Versorgungssicherheit und vor allem die Preisentwicklung: „Lohnt es sich noch, eine Pelletheizung einzubauen?“, möchte ein Mann mittleren Alters erfahren. „Warum sind Pellets so im Preis gestiegen?“ „Was macht Ihr Unternehmen mit dem Geld?“, wollen weitere „Tage-der-offenen-Tür“-Gäste wissen.

Wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich Späne. Und wo gesägt wird, ebenso. Dieses Nebenprodukt aus der SEO-Anlage wird nicht vernichtet, sonderen sinnvoll in der Pelletproduktion benutzt.

Gerade die Antwort zur letzten Frage beeindruckt die Gruppe: Daniel Rahn berichtet, dass der Pelletpreis aufgrund normaler Markt-Mechanismen – eine steigende Nachfrage sorgt für höhere Preise, da die Kapazitäten der Pelletproduzenten nicht so kurzfristig im selben Ausmaß vergrößert werden konnten – derzeit höher als zuvor sei, doch die WWP die Erlöse „nicht für eine Yacht des Chefs in der Südsee“ verwendeten. „Das Geld ist hier im Westerwald, im Betrieb“, betont Rahn. Denn stattdessen würden in naher Zukunft eine Trockenkammer für Holz, eine Umstapelanlage, ein Hobelwerk, eine Keilzinkanlage, eine weitere Sägelinie mit einer Blockbandsäge, die größere Durchmesser sowie Harthölzer schneiden kann, gebaut und in Betrieb genommen. Gesamtinvestitionen von über 18 Millionen Euro – finanziert aus den Erlösen des Pelletverkaufs – sorgten so dafür, dass die Veredelungstiefe der Holzprodukte aus Langenbach bei Kirburg erhöht werde und man auch auf die sich wegen des Klimawandels stark veränderte Liefersituation beim Rundholz noch besser einstellen könne. Zudem erhöhe eine weiter gesteigerte Effizienz der betrieblichen Abläufe die Nachhaltigkeit erheblich.

Während Daniel Rahn die Runde fortsetzt, etwas zum Qualitätsstandard der Westerwälder Holzpellets erklärt, die 9.000 Tonnen fassenden Silos zeigt oder die Gruppe einen Blick in den 1,5 Megawattstunden Strom fassenden Großspeicher werfen lässt, zieht es andere Besucher der „Tage der offenen Tür“ zu einer Weltneuheit, die bei der Veranstaltung ebenfalls besichtigt werden kann: Durchgängig wenden sich Besucher an Fahrer Ramon, um mit ihm im E-LKW der WWP eine Runde über das Firmengelände zu drehen und zu erleben, wie 700 vollelektrische PS den Lastwagen antreiben. Mit dem wird nunmehr auch die Auslieferung der Westerwälder Holzpellets CO2-arm gestaltet, weil weder auf dem Weg vom Werk zum Kunden noch beim Ausblasen der Pellets beim Kunden ein CO2-Ausstoß aus einem Dieselmotor entsteht.

In der “Halle 1” gibt es nicht nur die alte Werkstatt, sondern Wärme, Trockenheit und etwas zu essen.

Gut, dass es in der „Halle 1“ zahlreiche Tische und Bänke im Trockenen und Warmen gibt! Nach einer durchaus fordernden Stunde im Nassen sind die Teilnehmer der Touren mit Daniel Rahn und seinen Kollegen froh, sich bei Bratwurst wie veganen Speisen, bei Kaffee und Kuchen stärken zu können, derweil unterhalten von erstaunlich hochqualitativer Blasmusik. Die „Daadetaler Knappenkapelle“ hat auch ein 80er-Potpourri mit Welthits wie „Thriller“ oder „Eye of the Tiger“ drauf!

Nebenan läuft die von einer Dampfmaschine angetriebene Transmissionslinie in der historischen Werkstatt, und Dutzende WWP- und „MANN-Strom“-Mitarbeiter sind für Gespräche und Fragen zugegen.

Blick in den Turm der Windkraftanlage, die vier alte ersetzt, aber das Zehnfache leistet.

Die Exkursion zum in den Wolken verschwindenden Windrad ist einer der weiteren Programmpunkte.

Draußen vor der Halle steht unterdessen der „Hübbelbummler“ benannte Doppeldeckerbus bereit, der Interessierte mitnimmt zu einer Exkursion hinauf zum Groß-Windrad der Wäller Energiegenossenschaft. Die bei diesem windigen „Sauwetter“ unter Volllast laufende Anlage liefert im Jahr acht Millionen Kilowattstunden Strom und ist ein eindrucksvolles Beispiel für „Repowering“: Das Windrad ersetzt heute vier Altanlagen, liefert aber zehnmal so viel Energie wie die vier Vorgänger und zeigt, welche fortschrittliche Entwicklung „die Erneuerbaren“ gemacht haben, seit der Speditionskaufmann und Betriebswirt Markus Mann 1991 aus Bremen zurückkehrte in den Westerwald, das erste Windrad oberhalb Langenbachs aufbaute, das am Anfang der Unternehmensgeschichte – wie der Führungen bei den „Tagen der offenen Tür“ – stand.

Uwe Schmalenbach

Firmenlauf Bad Marienberg 2022

„Endlich wieder gemeinsam!“ – unter diesem Motto startete nach drei Jahren Pause endlich wieder der wohl größte Firmenlauf der Region am 9. September in Bad Marienberg. Viele regional ansässige Firmenteams waren zum Laufen, Feiern und Leute treffen gekommen. So auch unsere MANNschaft.

Der auf drei Runden aufgeteilte, insgesamt 5 Kilometer lange Rundkurs wurde von den Mitstreitern ganz unterschiedlich angegangen. Bei manchen galt die sportliche Höchstleistung mit Kampf um Platzierungen und Bestzeiten, bei anderen wiederum zählte mehr der Gedanke: Dabeisein ist alles.

Wie auch immer, unsere 26 MANNschafts-Kolleginnen und -Kollegen hatten sichtlich Spaß, was auch das nasse Wetter nicht wirklich trüben konnte.

Fotos von der Laufstrecke: Fotostudio Röder-Moldenhauer

„Pelletlieferung per Silo-LKW mit einem vollelektrischen Designwerk 40-Tonner“

Eine Weltneuheit: Mit dem neuen Mid Cab Semi 4x2T liefert die Westerwälder Holzpellets GmbH (WWP) seit dem 29.08.2022 den Ökobrennstoff aus eigener heimischer Produktion noch umweltfreundlicher aus. Der Lastwagen wird rein elektrisch angetrieben und nutzt auch zum Einblasen der Pellets beim Kunden ausschließlich den Ökostrom aus der Fahrzeugbatterie!

Der Lkw stammt von der Schweizer Firma Designwerk. Der Elektromobilitätsexperte für Nutzfahrzeuge ist Teil der Volvo Group. Designwerk ist auf Spezialfahrzeuge und E-Lkw mit großen Reichweiten und Nutzlasten spezialisiert. Der Mid Cab Semi 4x2T basiert auf einem Volvo FM Chassis. In Winterthur rüstet Designwerk dieses mit Antriebsstrang, Batteriesystemen, Steuerungs- und Sicherheitstechnik und Allem, was ein E-Lkw braucht, auf.  

WWP-Firmenchef Markus Mann war schon länger auf der Suche nach einer Möglichkeit, um auch die Lieferung der ohnehin umweltfreundlichen Westerwälder Holzpellets ökologisch sinnvoller zu organisieren. Denn wenngleich die Pellets aus Nebenprodukten hergestellt werden, die im WWP-Sägewerk in Langenbach anfallen – das vollständig mit CO2-neutralem Grünstrom aus Wind- und Wasserkraft, Photovoltaik und dem firmeneigenen Biomasse-Heizkraftwerk angetrieben wird, die Pelletpressen ihrerseits mit Ökostrom arbeiten: Der Weg der Pellet-Lastwagen vom Werk bis zum Kunden hat bislang einen Teil des überaus geringen CO2-Fußabdrucks der Westerwälder Holzpellets (10,68 kg CO2 pro Tonne) verursacht. Mittels E-Lkw soll die Lieferlogistik schnellstmöglich CO2-neutral werden.

Dabei hilft ab sofort der Mid Cab Semi 4x2T von Designwerk: Seine Batteriesystem-Kapazität von beachtlichen 450 Kilowattstunden (kWh) ist so üppig dimensioniert, dass mit dem Lkw nicht nur die höchstens anfallenden 250 Tageskilometer problemlos, auch im Winter und mit Reichweitenreserve bewältigt werden können. Ebenso wird der Kompressor, der für das Einblasen der Pellets in den Bunker der Kunden beim Einsatz des Elektro-Fahrzeugs natürlich genauso notwendig ist wie beim bisher genutzten Diesel-Lkw, zusätzlich im Stand von der Batterie des Designwerk E-Lkw angetrieben.

Da die Westerwälder Holzpellets sich als bewusst regionaler Energieversorger ein Regionalkonzept gegeben haben, welches besagt, dass Auslieferungen nur in einem Radius von 100 Kilometern um den Firmensitz in Langenbach bei Kirburg erfolgen, sind die 250 Kilometer Reichweite mehr als auskömmlich.

Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Gefährt sind so gut, dass Markus Mann bereits die nächsten „rollenden Investitionen in die Energiewende“ auf den Weg gebracht hat: In Kürze folgen dem Designwerk Mid Cab vier Volvos, die direkt aus dem schwedischen Göteborg in den Westerwald kommen werden. Bis Ende Februar 2023 dann sollen von zwölf bei den „Westerwälder Holzpellets“ für den Verteilverkehr genutzten schweren 40-Tonnern sieben vollelektrisch unterwegs sein – so wie bereits jetzt die Weltneuheit Designwerk Mid Cab!

Diese ist mit vier Motoren ausgerüstet, die je 125 kW Leistung entfalten. In Summe hat der neueste Lastwagen des Energielieferanten also fast 700 PS. Ein Drehmoment von 3.500 Newtonmeter sorgt für eine „lastwagenuntypische“ Beschleunigung.

Zwischen 13 und 14 Tonnen Pellets passen in das 10,36 Meter lange Fahrzeug. Der Designwerk Mid Cab ist von Maut und Kfz-Steuer befreit und wurde vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr finanziell gefördert.  

Zwar kostet die Batterie aufgrund ihres Gewichts 850 kg Nutzlast, doch mit einer Ausnahmegenehmigung darf der Elektro-Lkw mit einem höheren zulässigen Gesamtgewicht unterwegs sein, was das Batteriegewicht ausgleicht.


Interview mit Markus Mann

„Wer nicht losgeht, kommt nicht an“

 Im Mai 2001 wurde die „Westerwälder Holzpellets GmbH“ (WWP) gegründet. Unabhängigkeit von ausländischen Gas- und Öl-Reserven sowie die Tatsache, dass das Heizen mit Holz CO2-neutral ist, seien dafür Gründe gewesen, schildert der geschäftsführende Gesellschafter Markus Mann. Um den Transport zum Kunden ebenso umweltfreundlich hinzubekommen, investiert das Unternehmen inzwischen in Elektro-Lkw. Über das erste Exemplar, den „Designwerk Mid Cab“, sprach mit Mann Uwe Schmalenbach.

Ihre neueste Investition ist nicht ganz günstig gewesen – Größenordnung: eine halbe Million Euro! Und das in ein Fahrzeug, mit dem in Deutschland noch niemand Erfahrungen hat. Wie leicht trifft man so eine Entscheidung?
Wer nicht losgeht, kommt nicht an! Wir sind mit der E-Mobilität in der Firma ja schon sehr früh aufgebrochen, 2010. Und jetzt – endlich, endlich, nach vielen Jahren der Ankündigung – gibt es erste Elektro-Lkw, die man kaufen kann und die auch funktionieren. Wir haben uns ausgetauscht mit den Erstkunden von Designwerk in der Schweiz, die damit schon in anderen Anwendungsgebieten unterwegs sind, und haben gesagt: „So ein Fahrzeug brauchen wir.“ Dann ging es noch um die Frage, welche Batteriegröße wir benötigen und haben die „XL-Version“ genommen!

Batteriegröße ist ein gutes Stichwort: Die bereits fahrenden Designwerk Fahrzeuge, von denen Sie sprechen, sind nicht unterwegs, um Pellets auszuliefern. Diese Konfiguration gibt es ja weltweit erstmalig nur hier bei den „Westerwälder Holzpellets“. Es ist aber noch einmal eine ganz andere Anforderung an den Lkw, da Sie die Pellets nicht nur „durch die Gegend fahren“ wollen, der Brennstoff muss zudem aus dem Silo bewegt werden, wenn der Fahrer beim Kunden ist…
Genau! Und das ist natürlich etwas anderes, als wenn an einem Lkw nur mal eine Hebebühne rauf- und runtergeht.

Was ist der wesentliche Unterschied?
Bei der Pelletauslieferung brauchen Sie einen leistungsfähigen „PTO“, das ist ein Nebenantrieb. Bei einem Diesel-Lkw kommt dieser aus dessen Getriebe. Von dort geht eine Welle auf den Kompressor, der den Druck erzeugt, mit dem die Westerwälder Holzpellets vom Silowagen in den Bunker des Pelletnutzers geblasen werden. Hier beim Designwerk Mid Cab ist erst ein elektrischer Umformer installiert worden, der die Hochvolt-Spannung von 400 Volt auf einen Elektromotor bringt, der eine Hydraulikpumpe antreibt, die wiederum den Kompressorbetrieb übernimmt. Noch sind die Bauteile nicht da – da es eine Weltneuheit ist –, die direkt die elektrische Energie auf den Kompressor geben, ohne über die Hydraulik gehen zu müssen. Dennoch: Trotz des technischen Umweges erfolgt der Kompressorantrieb schon jetzt zu 100 Prozent mit dem Ökostrom aus der Lkw-Batterie.

Bis Februar wollen Sie sieben Elektro-Lastwagen einsetzen. Steht bis dahin eine „Lernzeit“ an, wo man solche Dinge näher anschauen und sich für die nächsten Fahrzeuge Lösungen überlegen kann?
Wir haben bei den Bestellungen der Lkw bewusst eine Vielfalt gewählt – wie wir sie beim E-Pkw-Fuhrpark schon haben. Beim E-Lkw werden wir neben dem Designwerk DAF, Volvo aus Göteborg und den „E-Actros“ von Mercedes ausprobieren.

Welche Erkenntnisse sollen gewonnen werden?
Der Nebenantrieb, der E-PTO, von dem ich eben gesprochen habe, bedeutet ja, dass wir ungefähr eine Stunde lang das Kompressor-Gebläse, das die Pellets in den Keller „pustet“, an der Lieferstelle laufenlassen müssen. Im Zweifel geht es dabei auch mal 30 Meter gegen den Berg die Böschung hoch bis in den Keller – und da müssen die Pellets auch zuverlässig ankommen! Das braucht Energie, und diese Energie wird der Batterie im Designwerk Mid Cab für die Fahrtstrecke weggenommen. Die ersten Werte, die wir aufgezeichnet haben, bestätigen unsere Hoffnung: Vermutlich werden rund 30 Kilowatt (kW) Leistung vom Nebenantrieb aufgenommen. Und 30 kW bedeuten, dass von unserer Batterie im Lkw, wenn wir eine Stunde lang pusten, eben auch rund 30 Kilowattstunden (kWh) Energie verbraucht werden. In der Batterie stecken 450 kWh drin, 30 sind weg – mit dem Rest können wir fahren.

Nun hat ein jeder, der schon ein E-Fahrzeug gesteuert hat, bemerkt: Das Prinzip ist von Witterungseinflüssen abhängig, im Winter verbraucht etwa die Heizung im Auto Strom. Pellets werden gerade im Herbst und Winter besonders stark nachgefragt. Hat die Batterie genug „Luft“, dass das von Ihnen beschriebene Verfahren auch bei minus zehn Grad noch zuverlässig funktioniert?
Deswegen haben wir ja eine Reserve eingebaut. Denn es ist nicht nur die Heizung im Führerhaus, die betrieben werden muss. In der Batterie, es ist ein Lithium-Ionen-Akku, findet ein chemischer Prozess beim Laden wie Entladen statt. Je kälter es ist, desto träger passiert das. Wenn die Batterie träger arbeitet, kommt weniger raus – deswegen hat man im Winter bis zu 10 Prozent Reichweitenverlust.

Und dann?
Den haben wir mit eingeplant! Weil wir ja ein Regionalkonzept verfolgen, rollen unsere Fahrzeuge im Umkreis von vielleicht 100 Kilometern. Das heißt, ein Auslieferungsfahrer der WWP legt im Schnitt so um die 170 Kilometer zurück, wenn er mehrere Abladestellen ansteuert. Das passt also mit der Reichweite des Designwerk Mid Cab ganz hervorragend, und es ist eben ein Vorteil, dass wir die Menschen in der Region mit Wärme versorgen, aber nicht den Anspruch haben, Pellets aus dem Westerwald nach Paris zu fahren.

Mit dem neuen E-Lkw von Designwerk verringert sich der CO2-Fußabdruck der Holzpellets aus dem Westerwald abermals, nicht wahr?
Genau! Wir nähern uns jetzt 100 Prozent dessen, was man erreichen kann. Natürlich setzen wir im Unternehmen noch Schmierstoffe für Maschinen und Fahrzeuge ein. Natürlich haben wir noch keinen CO2-freien Stahl. Wenn also unsere Schlosserei einen Stahlträger kauft, um ein Gestell zu bauen, ist das leider nicht C02-neutral. Aber da arbeiten wir dran! Doch im Bereich der Mobilität sind wir im ersten Quartal 2023 so weit, dass wir mit sieben von zwölf Lieferfahrzeugen CO2-frei unterwegs sein können. Denn wir laden aus unserem eigenen Areal-Netz auf dem Firmengelände, für das wir eine 100-prozentige Grünstrom-Versorgung haben, mit Eigenerzeugung im Mix aus Sonne, Wind und Biomasse. Reststrom, der dann und wann mal fehlt, beschaffen wir über Verträge mit Wasserkraftwerken, aus denen ebenfalls physikalisch gekoppelter Grünstrom kommt.

Damit sind wir beim „Treibstoff“ des neuen Elektro-Lastwagens: Warum Grünstrom und kein Wasserstoff, dem eine große Zukunft vorausgesagt wird?
Es gibt zwei Ansätze alternativ zum batterieelektrischen Fahren: einer ist „wasserstoffelektrisch“. Dabei wird die Energie im Wasserstoff gespeichert, im Fahrzeug in Strom umgewandelt und damit wird der Motor angetrieben. Oder man verwendet synthetischen Treibstoff…

Die sogenannten „E-Fuels“?
…richtig. Wasserstoff und E-Fuels müssen aber zunächst aus Primärenergie hergestellt werden. Primärenergie heißt: Am Anfang der Kette steht ein Solar- oder Windkraftwerk, mit dem ich Wasserstoff erzeuge. Den muss ich verdichten, transportieren, lagern, vertanken und wieder rückverstromen. Und da gibt es eine sehr einfache Faustformel: Ich könnte mein Fahrzeug natürlich wasserstoffelektrisch fahren, doch dann brauche ich eben die dreifache Menge an Primärenergie gegenüber dem batterieelektrischen Antrieb.

Und bei den E-Fuels?
Da ist es noch schlimmer: Die sind zwar vermeintlich „wunderbar“, denn wir können die bestehende Verbrennungstechnik weiter nutzen, und wir haben diese „schönen Tankstellen“ überall (schmunzelt). Aber: Dann habe ich den Faktor fünf! Das heißt nichts anderes, als dass ich bei E-Fuels die fünffache Primärenergie brauche, um die gleichen Kilometer zu fahren!

Wenn man das Manko bei wasserstoffelektrischem Antrieb beheben würde und die Primärenergiemenge gleich wäre, könnte Wasserstoff eine Alternative werden?
Das könnte interessant werden, wenn man noch etwas erfindet, das den Wirkungsgrad des Wasserstoffs bedeutend erhöht. Und wenn man für die Stromproduktion Standorte nutzt, an denen man den doppelten oder gar dreifachen Solar- oder Windertrag hinbekommt und den dort erzeugten Wasserstoff nach Deutschland transportiert. Aber langfristig gesehen sind wir dann abermals nicht unabhängig von Energieimporten. Statt von Putin sind wir vielleicht von einem Herrscher in der arabischen Welt abhängig, dass er den in der Wüste mit Solarstrom betriebenen Generator zur Wasserstofferzeugung nicht abschaltet, wenn es einmal politische Meinungsverschiedenheiten gibt. Deshalb: Wir müssen sehen, dass wir heimische Energie heimisch nutzen. Und das heißt: Am besten direkt von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach oder aus der Windmühle in den „Tank“. Die Mengen sind da, alle Bilanzen zeigen, dass wir uns nicht erneut abhängig machen müssen von irgendwelchen Exporteuren.

Umzug eines Feuerlöschteichs

Am neuen Standort wird noch gearbeitet.

Ein Bagger verteilt bei den „Westerwälder Holzpellets“ selbst hergestellten Kompost auf dem Wall um einen neuen Feuerlöschteich, damit hier schon bald eine der Biodiversität dienliche Bepflanzung bestens gedeihen kann.

Der alte löschteich wirkt auf dem Werksgelände beinahe idyllisch.

Dort, wo nunmehr das Bassin seinen Platz findet, stand bis vor einer Weile ein gläsernes Gewächshaus. Es hatte als Standort von „Blumen Ermert“ gedient, wie die Menschen der Region die Gärtnerei von Andre Ermert aus Daaden nennen. Der zog im Gewächshaus Blumen, der saisonale Verkauf erfolgte von April bis Juni direkt aus dem gläsernen Gebäude heraus (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete). Abwärme des WWP-Kraftwerkes nebenan sorgte für zur Pflanzenaufzucht notwendige Temperaturen.

Zwischenzeitlich wurde das Treibhaus zerlegt, vorsichtig nach Polen transportiert – und wieder aufgebaut, so dass es ein „weiteres Leben“ hat. Jetzt wachsen darin unter anderem Erdbeeren – während an seinem früheren Standort die Sicherheit der Produktion bei den WWP erhöhendes Wasser gespeichert werden kann. An der Stelle des alten Feuerlöschteichs wird eine weitere Fertigungshalle entstehen, weshalb er weichen muss.

bei dem “Umzug” erfolgt eine Verdoppelung der vorgehaltenen Wassermenge auf 1,8 Millionen Liter.

Frisch gepresst – und sinnvoll abgekühlt

Mancher wundert sich: Kosteten Holzpellets vor vier bis fünf Jahren (je nach Menge und Abladeort) zwischen 200 und 250 Euro die Tonne, reißt dieselbe Menge in Kürze wohl die Marke von 500 Euro (wenngleich die mit Pellets erzeugte Wärme weiterhin erheblich günstiger ist als bei Öl und Gas – siehe Grafik). Was ist da passiert?

Für einen solchen Siloauflieger werden urplötzlich 221.000 statt 160.000 Euro verlangt…

Bei den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) ist zu erfahren, dass alleine die Rohstoffe für die Pelletproduktion inzwischen drei- bis viermal so teuer seien wie einstmals. Das „Kalamitätenholz“, das Borkenkäfer und Trockenheit in besonders großer Menge hatten anfallen lassen, sorgte damals vorübergehend für einen historischen Tiefstand bei den Rohstoffkosten. Doch auch andere Verarbeitungsfaktoren sind für die Pelletproduzenten erheblich teurer geworden – von Schmierstoffen bis zu Ersatzteilen.

Ein Beispiel für die Kostenexplosion saust gerade in sattem Blau über den Rundholzplatz bei den „Westerwälder Holzpellets“: Ein Holzumschlagsbagger, den das Unternehmen 2021 anschaffte. Er hat 270.000 Euro gekostet. „Die Maschine ersetzt einen alten Bagger, der nun nur noch Reservebagger ist. Jetzt soll der 2021er-Bagger seinerseits bald zur Reserve werden, wir haben deswegen abermals einen neuen bestellt“, erzählt Markus Mann, Chef bei den WWP, „weil der alte bald wirklich alt ist. Doch ein neuer Bagger kostet auf einmal 370.000 Euro – 100.000 mehr!“

Der Wärmetausch erfolgt direkt im Kühler (rechts) neben den Pelletpressen (links).

Eine ähnliche Erfahrung habe man bei den Silofahrzeugen gemacht, die ebenso wichtig sind, wie eine gute Ersatzteilversorgung im Pelletwerk: Ohne die Fahrzeuge kommen fertige Holzpellets nicht zum Kunden. „Wenn Sie heute einen Silo-Auflieger bestellen mit Kompressor und allem, das benötigt wird, um die WWP ausliefern zu können, machen Sie eine ähnlich ‚interessante‘ Erfahrung: Der Auflieger, den wir 2021 bekommen haben, kostete noch 160.000 Euro – der neue, der in Kürze kommen soll, aber in Wahrheit vermutlich erst im nächsten Jahr geliefert werden kann, schlägt mit 221.000 Euro zu Buche… Die Sattelzugmaschine dafür ist nicht mehr für 88.000 Euro zu kriegen: Eine passende Dieselzugmaschine gibt der Hersteller nur noch für 115.000 ab“, sagt Mann, „die elektrische Version erfordert weitere 100.000 Euro mehr – wobei ein elektrischer LKW derzeit eigentlich 500.000 Euro als Preis hat, aber der Staat fördert die allerersten Innovatoren wie uns großzügig und gewährt Zuschüsse.“

Auch dieser neue Bagger ist ein Beispiel für die Kostenexplusion bei der Pelletherstellung.

Trotz der finanziellen Belastungen: Zwölf Silofahrzeuge sollen, Stand Sommer 2023, WWP durch die Region transportieren, davon sieben vollelektrisch, wie Markus Mann in Aussicht stellt. „Wir wollen so gut wie möglich darauf hinarbeiten, dass wir für unsere Energieversorgung möglichst keinen Cent mehr in Richtung Russland überweisen müssen – in Form von Diesel oder Gas, das wir verbrauchen. Das ist unser Ziel.“ Darum gebe man, neben dem ökologischen Aspekt, das Geld für E-LKW aus.

Apropos Geld: Die WWP verdienen nach den Ausführungen ihres Geschäftsführers erstmalig seit 23 Jahren wirklich etwas. „Wir sind jahrelang ‚hart am Wind gesegelt‘“, formuliert er. Das sei bis „kurz vor die Pleite“ gegangen.

Er habe sich von den jüngsten Erlösen indes keine Motorjacht gekauft, scherzt Markus Mann – sondern stattdessen zum Beispiel eine Wärmerückgewinnungsanlage für die Pelletpressen angeschafft. Die Investition dafür betrug allein fast eine halbe Million Euro.

Um aus den Holzspänen, die im benachbarten SEO-Sägewerk der WWP anfallen, Pellets zu machen, werden sie mit hohem Druck verpresst. Sie werden dabei mit dem Faktor eins zu sechs verdichtet. Durch den Vorgang entsteht Wärme – wie stets, wenn Material zusammengedrückt wird. Was, nebenbei, auch notwendig ist, damit die Pellets zusammenhalten. Mit 90 Grad Celsius verlassen die WWP die Presse anschließend – die Holzpellets haben in dem Moment also neben ihrem Brennwert auch eine Menge Wärmeenergie in sich. Damit sie lager- und transportfähig sind, müssen sie allerdings auf höchstens 30 Grad abgekühlt werden.

Die Differenz zwischen 90 und 30 Grad Temperatur der Pellets macht der neue Kontaktkühler nutzbar, der die Wärme aus den Pellets zurückgewinnt: Sie wird eingesetzt, um den Spänetrockner der WWP zu beheizen. Darin wird den Holzspänen vor dem Pressen Feuchtigkeit entzogen, 400 Liter je Tonne, da sie ohne diesen Schritt für die Weiterverarbeitung zu feucht wären.

Eine weitere Investition in Höhe von fast einer Million Euro, die mit den aktuellen Gewinnen möglich wurde, ist eine neue Trockenkammer, die gerade aus silbrig im gleißenden Sonnenlicht blitzenden Aluminiumwänden auf dem Betriebsgelände in Langenbach errichtet wird. Mit ihr wird eine erhöhte Fertigungstiefe erreicht: Die Produkte des WWP-Sägewerkes können damit veredelt werden, indem die Trocknung – ganz ohne Einsatz von Chemie wie bei einer Imprägnierung – die Haltbarkeit des Schnittholzes erhöht. Zudem verhindert die Temperaturbehandlung zuverlässig, das sich noch irgendwelche Käferlarven oder -eier in den Brettern befinden könnten.

Die neue Trockenkammer in Sichtweite der Pelletsilos. Fotos: Schmalenbach

Die neue Wärmerückgewinnung, die die heiße Luft aus den frisch gepressten Pellets für den Spänetrockner liefert, sorgt dafür, dass die zuvor für diese Anlage eingesetzte (AB-)Wärme aus dem WWP-eigenen Biomasse-Kraftwerk in der Trockenkammer genutzt werden kann.

Doch auch dessen ungeachtet, erscheint die Anschaffung des Kontaktkühlers sinnvoll: Vor seinem Einbau haben die Pellets bei ihrem Abkühlvorgang nämlich im Grunde Westerwälder Luft erwärmt. Die Energie ist „in den Himmel“ gegangen und so ohne Nutzung vernichtet worden. Der neue Wärmetauscher ist somit ein weiterer Baustein, der die Energieeffizienz – die in der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen „Zeitenwende“ eine gemeinsame Aufgabe für uns alle ist – ganz konkret bei der täglichen Herstellung der Westerwälder Holzpellets erhöht.

Mannschaft und Material für Sicherheit

Die Dinger scheinen ein ordentliches Gewicht zu haben. Markus Mann kann eines davon nur mit ganzer Kraft ins Metallregal in einer Halle auf dem Gelände der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) hieven. „Das sind Ersatz-Kolben für den Spilling“, ächzt er. Der „Spilling“, das ist ein Motor des gleichnamigen Herstellers, in welchem 330 Grad heißer Dampf, den die WWP in ihrem Biomasse-Heizkraftwerk erzeugen, über eben solche Kolben in vier Zylindern einen Generator antreibt, der so „grünen“ Strom produziert. „Muss ein Kolben ausgetauscht werden, steht die Anlage länger – wenn man kein Ersatzteil zur Hand hat“, erläutert Mann.

„Habt ihr noch?“ Diese telefonische Frage hören die Mitarbeiter der „Westerwälder Holzpellets“ momentan vielfach am Tag. Dabei geht es um Holzpellets als lose Ware wie in Säcken, mit der die Anrufer in der kommenden Heizsaison ihre Stube warm halten wollen.

Bewusst wurde der Bestand an Ersatzteilen deutlich ausgeweitet, wie Markus Mann berichtet. Fotos: Schmalenbach

Die sorgenvolle Erkundigung nach der Lieferfähigkeit wurzelt offenbar unter anderem in der Erfahrung von Verbrauchern, die erleben, dass ihr früherer Lieferant keine Holzpellets mehr bringen kann. Daher wächst die Furcht, dass die heimische Heizung im nächsten Winter kalt bleiben könnte.

„Wir stellen allmählich fest, dass in unserem Umfeld scheinbar einige Kollegen-Betriebe nicht lieferfähig sind“, erklärt WWP-Chef Markus Mann die Ursache für die vermehrten Anrufe bei seinem Unternehmen, in denen es um die Verfügbarkeit des CO2-armen Brennstoffs geht. „Wir haben unsererseits schon vor einem halben Jahr umstellen müssen auf eine veränderte Praxis bei der Versorgung: Unsere Stammkunden werden grundsätzlich beliefert. Erstbefüllungen von Neukunden übernehmen wir natürlich ebenso.“ Doch alle anderen ergänzt Mann, dürften nicht darauf bauen, in jedem Fall Westerwälder Holzpellets zu bekommen (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete).

Aber warum gibt es überhaupt einen Mangel, betrachtet man den deutschen Pelletmarkt insgesamt? „Die Lücken, die durch andere Produzenten entstehen, lassen sich nicht ohne Weiteres schließen“, betont der WWP-Chef. Es dauere schlichtweg, neue Pelletwerke zu bauen. Bei einigen Pelletierern sorgten Brände in jüngerer Vergangenheit dafür, dass sie die gewohnten Mengen derzeit nicht mehr erzeugen können. Es gibt also schlicht Ausfälle in der Produktion.

Ein weiterer Grund für die Verknappung scheint der Rückgang der Auftragseingänge in der Sägeindustrie zu sein: Wenn weniger gesägt wird, fallen weniger Sägemehl und Hackschnitzel an. Das erhöht die Rohstoffpreise bei der Pelletherstellung und erzeugt einen zusätzlichen Engpass. „Hinzu kommt, was Sie in der ‚Wäller Energiezeitung‘ schon einmal berichtet haben, dass nämlich die Mengen, die vor dem Krieg aus Russland, der Ukraine und Belarus nach West-Europa importiert wurden, ausfallen“, fügt Mann an. Diese summierten sich alleine auf etwa 3,5 Millionen Tonnen Holzpellets im Jahr.

Und dann ist da noch das enorme Wachstum im Segment Holzpellets, das im Zuge der notwendigen Energiewende immer größer wird: Die Anzahl der Pelletfeuerungen in Deutschland hat sich binnen eines Jahrzehntes mehr als verdoppelt, wie Zahlen des „Deutschen Energieholz- und Pelletverbandes“ ausweisen. Ferner steigt die Nachfrage nach Holzpellets wegen der Gasknappheit in Deutschland an: Etliche Haushalte, in denen eine Gaszentralheizung installiert ist, schaffen zusätzlich einen Pelletofen an – um im Fall der Fälle damit heizen zu können, wenn es gar kein Gas mehr geben sollte, worauf der Bundeswirtschaftsminister momentan fast täglich in den „Tagesthemen“ vorbereitet. Industrieunternehmen erhöhen den Nachfragedruck ebenso. Denn Firmen, die für ihre Fertigung bisher Erdgas in einer Rostfeuerung nutzten, versuchen, sich durch die Umstellung auf Holzpellets ebenfalls unabhängiger zu machen von dem fossilen Energieträger.

Sieht die “Westerwälder Holzpellets” gut gerüstet für den Winter: Markus Mann.

„Während der ‚Corona‘-Hochphase haben die Leute das Klopapier-Lager quasi vom Regal im Laden in ihren eigenen Keller oder die Vorratskammer verlagert. Dann war das Regal leer, aber der Keller voll. Bei den Pellets wird jedoch nicht nur das Lager umgeräumt – wir haben zusätzlichen Verbrauch“, gibt Markus Mann zu bedenken. „Der Mehrbedarf kann jedoch nicht mit einem Fin- gerschnippen mit dem Bau von neuen Pelletwerken aufgefangen werden.“

„Wir sehen uns für unsere Heimat, für die Region gut gerüstet!“, antwortet der WWP-Geschäftsführer auf die Frage, wie es um das Lager seines Unternehmens bestellt sei. So entstehe kaum zehn Kilometer Luftlinie entfernt ein neues Pelletwerk am Standort der „Holzindustrie Hassel“, „dessen Ware wir in Zukunft komplett vermarkten dürfen“, stellt er in Aussicht. „Kurzfristig für die nächste Saison löst das einen möglichen Engpass indes noch nicht – das muss man auch so sagen. Wenn jemand in der Mittelgebirgsregion von Westerwald, Sauerland, Taunus mit Pellets heizen will, wird das dennoch gut klappen. Es sind hier einige große Pelletwerke im Entstehen oder in Betrieb und werden erweitert – in der direkten Nachbarschaft ein Wettbewerber bei Neuwied, dann eben die ‚Sägeindustrie Hassel‘, im Sauerland ist ebenfalls ein großes neues Werk beim Sägewerk Pieper entstanden. Somit kann sich derjenige hier wohlfühlen, der gerne mit Pellets heizen möchte.“

Allerdings nur dann, wenn die bereits vorhandenen Werke ihre theoretischen Produktionskapazitäten auch praktisch dauerhaft ausschöpfen können. Und da kommt der „bleischwere“ Kolben wieder ins Spiel: „Wir sind heute bei einem Ersatzteilbestand im Wert von fast zwei Millionen Euro“, schildert Markus Mann. „Einfach nur, um immer jeden Tag zu funktionieren – wir versuchen möglichst alles, das kaputtgehen könnte, einmal in Reserve im Werk zu haben, um ein defektes Teil schnell selbst ersetzen zu können und so unseren Betrieb und damit die Lieferfähigkeit zu sichern. Aufgrund einer sehr gut geschulten Mannschaft im mechanischen wie elektrischen Bereich fühlen wir uns auf diese Weise sehr sicher: Wir haben zu den Ersatzteilen im Lager eine hohe Eigenkompetenz und Kapazität, so dass wir im Fall der Fälle nicht erst auf Dritte warten müssten. Durch die tolle, flexible Mannschaft, die es nicht leid wird, manches Mal zu unmöglichen Zeiten den Betrieb am Laufen zu halten, profitieren unsere Kunden, weil sie es im Winter warm haben werden.“

Uwe Schmalenbach

Strom von MANN hilft der E-Mobilität in Bonn

Nicht nur beim „Anschub-Sponsoring“ der ersten Biogasanlage auf dem Hubertushof von Matthias Müller (siehe Seite 2): Immer wieder hilft der von „MANN Naturenergie“ gelieferte Ökostrom, innovative Projekte zu fördern, die die Energiewende voranbringen. Ein aktuelles Beispiel ist die finanzielle Unterstützung für neue Ladeinfrastruktur im Bereich der Stadtwerke Bonn (SWB).

„BonnNatur Strom“ ist das Produkt der Stadtwerke in der Bundesstadt am Rhein, das zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt. „MANN Naturenergie“ ist Partner von „BonnNatur Strom“ und trägt dafür Sorge, dass jede in Bonn bezogene Kilowattstunde sich stets vollständig aus Wind- und Sonnenenergie sowie mittels Wasserkraft erzeugter elektrischer Energie speist.

Der Westerwälder Energieversorger ist ein „Label-Nehmer“ von GSL: Das „Grüner-Strom-Label“ garantiert Ökostrom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Ein Umetikettieren von Atomstrom ist ausgeschlossen. GSL wacht im Prinzip zusätzlich zu MANN darüber, dass der Grünstrom „echter“, also physikalisch gekoppelter ist – und nicht nur auf dem Papier durch bilanzielle Darstellung „grün“ wird.

Außerdem kann mit dem Strom, den MANN unter dem GSL-Siegel liefert, immer wieder die Energiewende vorangebracht werden: Ein Teil des Preises für den MANN-Strom mit GSL-Siegel geht in die Förderung und den Ausbau der regenerativen Energienutzung. GSL hat dafür Kriterien aufgestellt, Wirtschaftsprüfer kontrollieren, dass die Mittel nur anhand derer verwendet werden.

Im Fall von „BonnNatur Strom“ werden aktuell durch die Kooperation mit „MANN Naturenergie“ 20 Prozent der Kosten für neue Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität über GSL gefördert. Und das sogar unabhängig davon, ob es daneben eine weitere Förderung gebe, vom Land Nordrhein-Westfalen etwa, wie Thomas Solbach vom Vertrieb bei „MANN Naturenergie“ darlegt.

Die Bonner Stadtwerke unterstützen mit dem Programm sowohl den Aufbau öffentlicher Ladepunkte, die die Stadt selbst an diversen Plätzen aufgestellt hat und im laufenden Jahr noch platzieren wird. 260 sollen es im Stadtgebiet bis Ende 2022 sein, hinzukommen werden laut Unternehmensangaben bis dahin 14 öffentliche DC-Schnelllader. Ebenso profitiert jedoch der private Endkunde, der eine Wallbox in seine Garage oder an die Hauswand schrauben lassen möchte. Auch Heimanlagen werden mit 20 Prozent bezuschusst, wie Thomas Solbach hervorhebt.

Yvonne-Ina Feldger

Gülle reduziert CO2-Bilanz auf dem Hubertushof

Matthias Müller lebt seit der Gründung des Aussiedlerhofs vor 50 Jahren dort.

Wenn man den zehn Kilometer langen Prädikats-Rundweg „Hohe Hahnscheid“ wandert und auf dieser „WällerTour“ rund um die 433 Meter hohe, markante Erhebung im reizvollen oberen Westerwald unterwegs ist, die dem Pfad seinen Namen gibt, dann erblickt man kurz vor der Rückkehr zum Startpunkt in Irmtraut den Hubertushof. Vielleicht bemerkt man dessen auffällig bunte Biogasanlage. Was man im Vorbeilaufen gleichwohl nicht sieht: Der Milchviehbetrieb hat eine umfassende Klimabilanz, und ausweislich derer einen vergleichsweise geringeren CO2-Fußabdruck. Hauptgrund dafür ist ausgerechnet die Biogasanlage, zu deren Entstehung einst eine Förderung von „MANN Energie“ beitrug.

Vor 50 Jahren wurde der heutige Hubertushof als Aussiedlerhof am nördlichen Rand der Ortsgemeinde Irmtraut gegründet. Während das Vieh in vielen Wäller Ställen seine Tage seinerzeit noch angebunden verbringen musste, wurde auf dem Hubertushof schon damals der erste Boxenlaufstall des Westerwaldes errichtet. Seither habe das Thema Tierwohl natürlich immer mehr Bedeutung erhalten, betont Landwirt Matthias Müller, Sohn der Hof-Gründer. So wurden die Stallungen immer wieder vergrößert, damit die Tiere zusehends mehr Platz erhielten. Sie entscheiden jederzeit, wann sie fressen gehen oder sich in eine der Liegeboxen zurückziehen.

Der Wanderer trifft auf dem Rundweg “Hohe Hahnscheid” auf den Hubertushof.

Lebten zu Beginn 60 Milchkühe auf dem Hubertushof und auf dem zuvor im Dorf beheimateten Vorgängerbetrieb erst 30, werden heute knapp 300 Tiere bei Matthias Müller gefüttert, gemolken, betreut. Im Schnitt der Herde 30 Liter Milch gibt eine Kuh am Tag – es seien Hochleistungslebewesen, hebt Müller hervor, die entsprechend gutes Futter benötigen.

Einst wurde noch mit Heu gefüttert, längst ist diese Nahrung durch Gras- und Maissilage aus eigenen Fahrsilos abgelöst worden, die eine höhere Energiedichte liefert. Die Ausgangspflanzen werden auf den 250 zum Hubertushof gehörenden Hektar Land angebaut, er deckt den gesamten Grundnahrungsbedarf der Milchkühe selbst. Anstelle von Sojaschrot aus Amerika oder Brasilien, das sowohl hinsichtlich möglicher Gentechnik als auch des CO2-Fußabdrucks und der oft im Zusammenhang stehenden Regenwaldabholzung bedenklich ist, bekommen die Milchkühe Reststoffe aus heimischer Rapsölproduktion als hochwertiges Eiweißfutter zusätzlich, ebenso Zuckerrübenschnitzel und Biertreber. Somit erfolgt über die Tiermägen außerdem eine sinnvolle Resteverwertung

Im Jahr 2000 wurde auf dem Anwesen am Rand von Irmtraut nicht nur ein weiterer Kuhstall neu errichtet, zudem entstand die erste Biogasanlage. Ein Grund für den Bau sei seinerzeit gewesen, Ärger aufgrund der Geruchsbelästigung durch das Ausbringen frischer Gülle zu vermeiden, erzählt Matthias Müller: „In der Biogasanlage wird die Gülle vergoren. Vergorene Gülle stinkt nicht mehr so wie die frische. Sie wird zudem ein effizienterer Dünger, da durch das Vergären ein besserer Nährstoffgehalt entsteht.“

Allerdings sei die Technologie für das Vorhaben damals noch relativ teuer gewesen, blickt der Landwirt zurück. Bei einer Beratung empfahl man ihm, sich deswegen auch mit der Möglichkeit zu befassen, mit der vergorenen Gülle „grüne Energie“ zu produzieren. „Nicht nur, um die Kosten aufzufangen, sondern irgendwann vielleicht sogar etwas Geld damit zu verdienen.“

Die Künstler Carl Kenz aus Kaiserslautern und Kram aus Barcelona haben mit ihrem “Mural” auf diesem Gülle-Vorratsbehälter auf dem Hubertushof eine kritische Betrachtung zur Milchwirtschaft geschaffen. Matthias Müller gefällt das. Foto: Schmalenbach

Eine Förderung des Landes Rheinland-Pfalz für Pilotanlagen half dem Landwirtschaftsmeister. Zudem gab es einen Zuschuss von „Naturstrom Rheinland-Pfalz“: Diesen hatte „MANN Naturenergie“ gemeinsam mit der Koblenzer Elektrizitätswerk und Verkehrs-AG gegründet (der Langenbacher Energieversorger ging allerdings ab 2007 komplett eigene Wege). „MANN konnte mithilfe von Einnahmen aus dem Verkauf von mit dem ‚Grüner Strom Label‘ zertifizierter Energie über ‚Naturstrom‘ ein so innovatives Projekt sponsern“, erinnert sich Firmenchef Markus Mann.

Und so ging die erste Biogasanlage auf dem Hubertushof bald darauf in Betrieb, verringerte nicht nur die Geruchsbelästigung durch die Gülle, sondern erzeugte über einen vom daraus entweichenden Gas angetriebenen Motor außerdem 55 Kilowatt (kW) elektrische Energie! Zwar habe sich das Projekt die ersten zwei, drei Jahre noch nicht gerechnet, doch mit einer später geänderten Einspeisevergütung wurde Biogas-Strom vom Hubertushof irgendwann sogar ein wirtschaftlich interessanter Erwerbszweig, berichtet Matthias Müller: „So ist Energieerzeugung mittlerweile ein zweites Standbein neben der Milch.“

Die aktuelle, 2016 neugebaute Biogasanlage liefert sogar 75 kW. Die Gülle kommt aus vier Lagerbehältern, die vom Stall aus befüllt werden. Die alte Biogasanlage wurde ebenfalls zur Lagerstätte umgenutzt. 20 bis 25 Kubikmeter Gülle am Tag treiben die Vorrichtung an, außerdem wird etwas Strohmist zum Beispiel aus dem Abkalbbereich hinzugegeben.

Die Effizienz der Anlage sei inzwischen natürlich erheblich besser als bei Beginn, führt der Hofchef aus. Die Hinterlassenschaften der 300 Kühe reichen vollständig aus, um die 75 Kilowatt hervorzubringen – es wird auf dem Hubertushof darum keinerlei Mais in der Biogasanlage „verfeuert“! Es gelingt, die notwendige Prozesstemperatur von 40 Grad, auf die die mit zehn bis 15 Grad ankommende Roh-Gülle zum Vergären gebracht werden muss, alleine mithilfe der Abwärme des vom Methan aus der Gülle angetriebenen Gasmotors zu erreichen. Zwei zum Hof gehörende Wohnhäuser werden, genauso wie die im Winter temperierte Melkanlage, über Fernwärmeleitungen ebenfalls mit der Abwärme aus der Biogasanlage beheizt. „Dadurch sparen wir seit zwei Jahrzehnten das klimaschädliche Heizöl ein!“, stellt Matthias Müller heraus.

Matthias Müller hat 2016 die ohnehin starke regionale Verankerung des Betriebs auch im Biogasbereich forciert: Zwei Kollegenbetriebe in den Nachbarorten Ailertchen und Hellenhahn hätten nach Absprache in dem Jahr die gleiche Technik aufgebaut, „so dass wir uns gegenseitig etwas aushelfen können.“

Es ist schon beeindruckend, welche technologischen Aspekte der „veredelten Gülle“, wie Matthias Müller es formuliert, für eine weniger klimaschädliche Landwirtschaft sorgen: Auch beim Ausbringen der vergorenen Gülle mittels speziell dafür angeschaffter Technik ergebe sich ein Vorteil. Sie werde direkt am Boden in Reihen abgelegt und nicht breitflächig darauf gesprüht. Dadurch minimiere man Nährstoffverluste und spare an anderer Stelle Mineraldünger ein. GPS-Technik an den Maschinen und zwei Traktoren mit Lenkautomat erlaubten es, „bei 24 Metern Arbeitsbreite auf den Zentimeter genau zu fahren!“

Nicht nur diese Biogasanlage produziert “grünen Strom” auf dem Hubertushof: Eine 99 Kilowatt leistende Photovoltaikanlage wurde 2012 zusätzlich installiert. Sie deckt 30 Prozent des Stromverbrauchs im Betrieb.

Man merkt: Der Hofherr (der die Betriebsleitung inzwischen seinem Schwiegersohn übertragen hat) macht sich eine Menge Gedanken darum, wie hocheffiziente Landwirtschaft, die zur Stillung unseres großen Lebensmittelbedarfs derzeit noch unverzichtbar ist, ökologisch besser werden kann, selbst wenn es sich nicht um einen Biobetrieb handelt. So hat Müller Klimabilanzen des Hubertushofs anhand zweier verschiedener Modelle erstellen lassen. Darin finden sich Handlungsempfehlungen, wie sich die Effizienz des Betriebs noch steigern lasse, ohne aber mehr Energie zu verbrauchen, was den CO2-Fußabdruck des Bauernhofs in der Verbandsgemeinde Rennerod weiter senken soll. Sein Ziel sei es, unterstreicht Müller, den derzeit noch bei 757 Gramm Kohlendioxid liegenden Fußabdruck für die Herstellung eines Kilogramms Milch im kommenden Jahr auf 728 Gramm zu verringern.

Eine Urkunde der Landwirtschaftskammer bescheinigt dem Landwirt, dass seine gesamtbetriebliche Klimabilanz “sauber” nach wissenschaftlichen Standars erstellt worden ist.

In den beiden Klimabilanzen des Hubertushofs finden etliche Faktoren Berücksichtigung, das Alter der benutzten Maschinen geht ebenso ein wie der Kraftfutteranteil, die Milchleistung der Kühe oder deren „Nutzungsdauer“. Ein Ergebnis der vor einem Jahr erstellten Auswertung: Der CO2-Fußabdruck der Milcherzeugung auf dem Hubertushof war mit exakt 757 Gramm CO2 je Kilogramm Milch schon zuvor 20 Prozent kleiner als in Vergleichsbetrieben. Eine Hauptursache dafür, so hält es die von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz betreute „Klima Farm Bilanz“ fest, sei „die zügige Überführung der anfallenden Gülle in die Biogasanlage. Dadurch werden Emissionen aus der Güllelagerung vermieden.“

Schon vor der offiziellen Klimabilanz hat Matthias Müller versucht, die Umweltbelastung der Landwirtschaft stetig zu verringern. Ein Beispiel dafür ist die Nutzung des Trinkwassers für die Kühe aus einem eigenen Brunnen: Dieses wird zunächst durch einen mit der Milchkühlung verbundenen Wärmetauscher geleitet. Das Wasser entzieht Wärme, seine anschließend erhöhte Temperatur sei für die Kühe sogar vorteilhaft. Für die Kühlung der Milch braucht im Gegenzug weniger Strom aufgewendet zu werden, der Wärmetausch bringt eine Abkühlung von zehn auf vier Grad Celsius. Eine Wärmerückgewinnung an der Kühlanlage produziert zusätzlich heißes Wasser zum Spülen der Apparatur.

„Solche Dinge haben wir schon vor der Klimabilanz gemacht, aber mich interessieren die Stellschrauben, wo wir in Zukunft noch mehr machen können. Das zeigen uns die Analysen. Darum habe ich an dem Beratungsprogramm teilgenommen“, erläutert Matthias Müller seinen Antrieb. Die Nutzungsdauer der Kühe auf 32 Monate zu verlängern ist eine Empfehlung der „Farm Klima Bilanz“. Mit dieser Maßnahme sowie bei weiterer Reduzierung des Stickstoffüberschusses auf Futterflächen würden weitere 84 Tonnen CO2 eingespart. Zum Vergleich: Dafür müssten 270 Dreipersonenhaushalte ein Fünftel ihres Stromverbrauches reduzieren.

Zweieinhalb bis drei Millionen Liter Milch im Jahr geben die Kühe von Matthias Müller. Doch inzwischen ist „grüner Strom“ aus deren Ausscheidungen daneben ein weiterer „richtiger“ Wirtschaftszweig geworden – auch dank der ursprünglichen Förderung der ersten Anlage: Im Jahr produziert der Hubertushof 600.000 Kilowattstunden „grünen Strom“ aus Methan-Gas.

Uwe Schmalenbach

Es kommt auch auf die Substanzen an

Dr. Christian Rakos ist der Geschäftsführer des österreichischen Pelletverbandes. Foto: proPellets Austria

Immer wieder kommt die Kritik auf, ausgerechnet die Nutzung von Holzpellets verursache zu hohe Feinstaubemissionen und sei daher gesundheitsgefährlich. Dabei gibt es etwa auch durch Landwirtschaft und Frühjahrsblüten reichlich Staub. Wie schädlich ist der „Pellet-Feinstaub“ wirklich?

„Bei Feinstaub kommt es nicht nur auf die Menge und die Partikelgröße an, sondern vor allem auch darauf, um welche Substanzen es geht“, erklärt Dr. Christian Rakos, Geschäftsführer von „proPellets Austria“ und Präsident des Welt-Bioenergieverbandes, auf Nachfrage der „Wäller Energiezeitung“. „Bei modernen Pelletfeuerungen wird der Brennstoff bei sehr heißen Temperaturen vollständig verbrannt. Es entsteht keinerlei Ruß, sondern nur helle, weiße Asche, die vorwiegend aus wasserlöslichen Mineralsalzen besteht, die toxikologisch unbedenklich sind“, so der Diplomingenieur.

„Hinzu kommt, dass die Menge an Asche, die in Form von Feinstaub in die Luft gelangt, inzwischen verschwindend gering ist. Wir sprechen von zwei Handvoll Asche, die im Laufe einer ganzen Heizsaison emittiert werden.“ Dies sei völlig vernachlässigbar und spiele keinerlei Rolle für die Feinstaubbelastung der Luft, betont Rakos. In der Diskussion werde – sogar von vermeintlichen Experten – allzu oft vergessen, „dass man den Verbrennungsvorgang in einer modernen Pelletheizung nicht mit einem Lagerfeuer oder einem Stückholzkamin vergleichen darf.“

Angebliche Feinstaubbelastung: Zu pauschal

Kamin- und Kachelöfen produzieren weitaus mehr Feinstaub als moderne Pelletanlagen.

Der Ukraine-Konflikt hat vielen deutlich gemacht, wie sehr wir von Brennstoffimporten abhängig sind, und es wächst der Wunsch, sich vom Heizen mit Gas und Öl loszulösen. Doch zugleich sind manche Verbraucher verunsichert durch neuerliche Kritik an Holzpellets: Jüngst warf Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts (UBA), ein, man müsse sich zugunsten der Luftqualität „von der Verbrennung von Holz in unseren Haushalten verabschieden.“ Die Anprangerung, die energetische Nutzung von Holz verursache zu hohe Feinstaubemissionen, ist allerdings undifferenziert, bemängelt nicht nur der „Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband“ (DEPV).

Pelletheizungen tragen zu der bundesweiten Feinstaubbelastung kaum bei. Grafik: DEPI

Pelletheizungen gelten als klimaschonendere Alternative zu Gas- und Ölheizungen. Und doch: Komplett emissionslos ist die Verfeuerung des umweltfreundlichen Brennstoffes nicht. Die Forderung, auf die energetische Nutzung von Holz zu verzichten, um eine bessere Luftreinhaltung zu ermöglichen, werde allerdings dem Entwicklungsfortschritt moderner Pelletanlagen nicht gerecht und ignoriere deren emissionsarme Technologie, betont der DEPV.

So sollte vor allem unterschieden werden zwischen automatisch und manuell beschickten Feuerungen. Geschieht die Beschickung – also das Nachlegen des Brennmaterials – manuell (etwa bei Kamin- und Kachelöfen), lässt sich eine vollständige Verbrennung des Holzes nur schwer kontrollieren: Möglich ist, dass zu viel Holz in die Feuerungsstätte gelangt, was zu einem hohen Aschegehalt und starker Rußbildung führt. Bei einer automatischen Beschickung, wie sie bei Pelletheizungen der Fall ist, wird das vermieden, weil die benötigte Menge des Brennstoffs über eine Zuführeinrichtung (zum Beispiel eine Förderschnecke) computergesteuert erfolgt.

„Moderne, automatisch betriebene und vom Staat geförderte Holzfeuerungen sind heute so sauber wie noch nie. So werden die gesetzlich vorgegebenen Staubgrenzwerte von 0,02 g/m3 Abluft vom Schornsteinfeger regelmäßig kontrolliert. Darüber hinaus sind in den gesetzlichen Mindestanforderungen zur Förderung von Holzfeuerungen in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) weitergehende Beschränkungen (0,015 g/m3 Abluft) vorgeschrieben. Der BEG-Innovationsbonus fordert gar eine Emission von unter 0,0025 g/m3, wofür heute alle Hersteller von Pelletkesseln im DEPV entsprechende Modelle anbieten“, stellt der DEPV klar.

Auf die Pauschalität der Vorwürfe gegen Holzfeuerungen – der einem „Generalangriff auf die nachhaltige Holzwärme“ gleichkomme – gehen auch elf Verbände der Forst-, Holz- und Energiewirtschaft ein, die Messner in einem gemeinsamen Schreiben dazu auffordern, die Darstellung der Holzenergie zu differenzieren. Das Gros der Feinstaubemissionen aus Holzfeuerungen stamme aus dem Altbestand an Holzöfen und -heizungen, heben die Verfasser hervor. Tatsächlich seien moderne Anlagen dazu in der Lage, Emissionen um bis zu 90 Prozent zu reduzieren und die Energieeffizienz zu verdoppeln.

Beim “Pellematic Condens” kann die “ZeroFlame-Technologie” eingesetzt werden. Foto: ÖkoFen

Die „Wäller Energiezeitung“ fragt bei der „ÖkoFen Heiztechnik GmbH“ nach, einem weltweit führenden Spezialisten für moderne Pelletheizungen. Auch das Unternehmen bestätigt, dass Pelletheizungen „zu den saubersten Holzfeuerungsanlagen“ gehörten und keinen Einfluss auf die Feinstaubemissionen in Deutschland nehmen. Zudem: „Jede Pelletheizung spart jährlich acht Tonnen CO2 ein. Das ist im Vergleich so viel, wie nur der Verzicht auf drei Dieselautos einsparen könnte“, heißt es in einer Stellungnahme. Verbraucher, die eine Pelletheizung nutzen wollen, sollten auf die richtige Technik setzen, um Co2 und Feinstaub zu vermeiden.

Bei „ÖkoFen“ kommt beispielsweise die „ZeroFlame Technologie“ zum Einsatz, ein Verfeuerungskonzept, das für die Brennwertbaureihe „Pellematic Condens“ (mit einer Nennlast von zehn bis 14 Kilowatt) verfügbar ist. Es handelt sich um eine Technik, die Staubemissionen nahe dem Nullwert erreicht: Durch eine spezielle Luftstromführung beziehungsweise -anreicherung in Kombination mit einer besonderen Brennkammerkonstruktion verschwindet die Flamme im Pelletofen fast vollständig. So werden Feinstaub-Partikelemissionen auf ein Minimum reduziert, das kaum noch messbar ist. Auf diese Weise werde für Wärme sowie für saubere Abluft gesorgt, teilt „ÖkoFen“ mit.

Die Unterscheidung der Feuerungsanlage ist also wesentlich in der Feinstaub-Diskussion. Eine Tatsache, die sogar das UBA selbst anzuerkennen scheint: „Gerade beim Verbrennen minderwertigen Holzes in alten, schlecht gewarteten Öfen und bei ungünstigen Verbrennungsbedingungen entstehen unnötig viele Emissionen“, kann man auf der Website der Behörde beim Themenbereich „Heizen mit Holz“ nachlesen. Weiter wird sogar dazu geraten, beim Kauf eines Holzofens darauf zu achten, „dass die Feuerstätte effizient und emissionsarm ist.“ Und: „Ältere Feuerstätten, die vor 2010 errichtet wurden, haben häufig höhere Emissionen und einen geringeren Wirkungsgrad und sollten daher ausgetauscht werden.“

Festhalten lässt sich also: Möchte man die Luftreinhaltung fördern, sollte man nicht pauschal die energetische Holznutzung aufgeben, wie von dem UBA-Präsidenten eingeworfen wurde, sondern vielmehr alte Heizanlagen gegen moderne, automatisch betriebene Pelletheizungen tauschen.

Ein Plan zur Verringerung des Fußabdrucks

Ein Gedenkstein neben dem Schulhaus erinnert an Sankt Katharina. Das Gotteshaus wurde 1966 abgerissen.

Genau dort, wo der Elbbach in die Sieg mündet, thront das Schloss Schönstein im gleichnamigen Wissener Stadtteil auf einer Halbinsel zwischen den beiden Gewässern. Direkt gegenüber, am westlichen Ufer des Baches, steht auf einem Felsen das ehemalige Schulhaus Schönsteins. Es ist gerade eingerüstet: Eine umfangreiche Photovoltaikanlage soll installiert werden, mit der die heutigen Nutzer des Gebäudes ihren eigenen CO2-Fußabdruck verringern wollen.

Mario Brenner heizt künftig nur mit Scheitholz und WWP. Foto: Schmalenbach

Mario Brenner kennt sich aus mit Planungen. Der Diplom-Ingenieur ist Chef eines in Hennef angesiedelten Ingenieurbüros für Tiefbau. Dieses arbeitet viel für Versorgungsträger, die Projekte betreffen zum Beispiel Kanalisationssysteme ebenso wie Flughäfen. Mal dreht es sich dabei um Erschließung, dann wieder um Wärmerückgewinnung aus Abwasser. „Überall da, wo Infrastrukturplanung benötigt wird“, werden er und sein Team tätig, erläutert Brenner.

1999 kaufte der gebürtige Gebhardshainer die alte Dorfschule in Wissen-Schönstein. Sie stammt aus dem Jahr 1891, und Mario Brenner baute sie in Eigenleistung hinreißend schön um, wahrte den alten Charme. „Alles noch als Student“, lacht der Westerwälder. 2011 ergänzte er, bewusst als Bruch, wie er betont, einen modernen Anbau. Dieser steht auf dem Nachbargrundstück, auf dem Überreste des ehemaligen Chorraums eines 1875 hier errichteten Sakralbaus zu finden sind.

Brenners Frau Petra Hassel ist Friseurmeisterin und betrieb ihren eigenen Salon in einem angemieteten Ladenlokal in Wissens Innenstadt, ehe sie die Geschäftsräume im Juni 2000 in den einstigen Schulsaal im Erdgeschoss des Hauses verlegte. Seither wird dort „gewaschen, geföhnt, gelegt“ – mit Blick aufs Schloss Schönstein.

Petra Hassel hat ihren Salon im ehemaligen Schulsaal untergebracht.

Im Salon „DIE TOLLE“ sind acht Menschen tätig. Es existieren elf Bedienplätze, unter der Decke hängen etliche „Climazon“-Geräte, deren Wärmestrahlung beispielsweise die Einwirkzeit von Haarfärbemitteln reduziere, erklärt Fachfrau Hassel. Allerdings: Jedes der Geräte hat eine Leistungsaufnahme von 2.500 Watt (kW)… 20.000 Kilowattstunden (kWh) groß sei der Strombedarf ihrer Immobilie im Jahr, berichtet Mario Brenner, „drei Viertel davon entfallen auf den Laden, da es dort etliche leistungsstarke Geräte gibt.“

Unter anderem durch die neue Photovoltaik (PV) soll die Zielsetzung erreicht werden, „den Eigenbedarf selbst zu produzieren und unseren CO2-Fußabdruck zu reduzieren“, betont der Bauingenieur. Ein 20-kW-Speicher wird Teil der Anlage. Brenner hat berechnet, dass die 52 PV-Module einen Maximalwert („Peak“) von 21 kW zu leisten vermögen – trotz einer etwas ungünstigen Ausrichtung des Flachdachs auf dem Neubau in nördlicher Richtung und des Satteldachs auf dem Schulhaus in Ost-West-Ausrichtung.

Das Gebäude, das jetzt mit PV ausgerüstet wird, liegt dem Schloss Schönstein gegenüber. Foto: privat

Mario Brenner ist seit Jahren im NABU, dem Naturschutzbund Deutschland e.V., aktiv. Dort war er bereits als Zivildienstleistender, ja, gründete gemeinsam mit einem örtlichen Förster eine NABU-Ortsgruppe in Gebhardshein. „Wir haben uns früh für ‚MANN Naturstrom‘ entschieden, für die Privatwohnung ebenso wie für den Salon im Erdgeschoss“, erzählt Brenner. Das sei eine bewusste Wahl gewesen, so der Mitbesitzer eines Waldes, der den Ess- und Wohnbereich auf der ersten Etage seines Hauses vor allem mit Scheitholz in einem Kaminofen heizt.

Kurz, bevor er in die Sieg mündet, passiert der Elbbach Mario Brenners Haus.

Die noch vorhandene Zentralheizung hingegen werde dazu seltenst eingesetzt. Es handelt sich um eine Ölheizung, die beim Umbau des Gebäudes zwar auf einen Brennwertkessel umgestellt worden sei. Außerdem kommt Solarthermie hinzu. Doch vom Öl wolle er weg, Gas sei ebenso wenig eine umweltfreundliche Alternative, unterstreicht Mario Brenner.

Darum wird die alte Schönsteiner Dorfschule bald, wenn die neue PV-Anlage bereits etliche Kilowattstunden „grünen Strom“ produziert haben wird, abermals zur Baustelle: Die Ölheizung soll gegen eine Pelletheizung ausgetauscht werden. Der Ökologie wegen. „Außerdem passen Pellets sehr, sehr gut aufgrund unseres Heizverhaltens im Salon und der baulichen Gegebenheiten“, sagt der Hausherr.

Es dauert indes noch ein paar Wochen bis zum Umbau im Heizungsraum, denn wegen des Salons von Petra Hassel muss die Maßnahme gut geplant sein. Aber das kann Ingenieur Brenner ja sicherlich bestens. „Der Salon muss während des Umbaus der Heizung geschlossen sein, da es währenddessen kein warmes Wasser gibt“, führt er zum Vorhaben aus.

Zwei Friseurmeister, drei Gesellen, zwei Auszubildende und eine Rezeptionistin sind im Salon “DIE TOLLE” tätig.

In den Herbstferien soll die Pelletheizung eingebaut werden. Ein gedämmtes Gartenhaus wird zum Außenlager werden, aus dem über erdverlegte Schläuche Pellets in den Brenner befördert werden. Dieser wird von der Firma „ÖkoFEN“ kommen und 25 Kilowatt Leistung aufweisen.

Der achteinhalb Tonnen fassende Vorrat im Außenlager werde – natürlich – mit „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) gefüllt. Das sei ebenfalls eine bewusste, „ganz klare Zielsetzung: Die WWP-Pellets kommen aus der Nähe, wir sind damit weg von Öl und Gas. Außerdem kennen wir MANN als zuverlässigen Versorger bereits vom Strom.“ Das werde bei den WWP, die zur MANN-Firmengruppe gehören, nicht anders sein. Darum habe man das Langenbacher Unternehmen von Anfang an als Lieferanten eingeplant.

Wie gesagt: Gut planen kann ein Inhaber eines Ingenieur-Planungsbüros vermutlich…

Uwe Schmalenbach

Energiegenossenschaften leisten einen wichtigen Beitrag für die Energiewende

Laura Zöckler (Foto: Bürgerwerke AG)

Die Transformation unserer Energieversorgung ist vor allem eine gesellschaftliche Herausforderung, sagt Laura Zöckler, Vorstandsmitglied der Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG). Sie funktioniere nur, wenn die Menschen mitgenommen werden. Bei einer Energiegenossenschaft ist das möglich, „wir sind kein anonymer Konzern“.

Frau Zöckler, Sie sind Vorstandsmitglied der Heidelberger Energiegenossenschaft. Warum sollte es eine Energiegenossenschaft sein?

Erneuerbare Energien sind schon lange Teil meines Lebens, auch wenn ich das erst später erkannt habe. Durch meine älteren Geschwister hatte ich schon sehr früh gehört, dass eigentlich Erneuerbare die Lösung sind und war deswegen sehr aufgeschlossen. Ich hatte auch mal angefangen, Physik zu studieren, um damit später im Bereich der Energiewende etwas beitragen zu können. Als ich dann nach Heidelberg zum Studium gezogen bin, habe ich an einem Workshop teilgenommen, bei dem ich eine Stellwand über die Heidelberger Energiegenossenschaft und andere nachhaltige Initiativen gesehen habe. Also bin ich kurze Zeit später bei der HEG vorbeigegangen und seitdem dort geblieben. Erst habe ich freiwillig im Projektteam mitgearbeitet. 2018, genau einen Monat nachdem ich mein Politikwissenschaft-Studium beendet hatte, bin ich in den Vorstand bestellt worden.

Bei der HEG arbeiten Sie mittlerweile im Bereich Presse und Kommunikation. Warum gerade hier?

Während meines Studiums habe ich viel mit Kommunikation jeglicher Art zu tun gehabt, das liegt mir. Zum Planen für Anlagen und ähnliches gab es bei der HEG schon viele helfende Hände. Die Arbeit der Genossenschaft aber auch in der Öffentlichkeit stärker zu zeigen – da habe ich noch mehr Potential gesehen, deswegen wollte ich mich hier einbringen. Es gibt diverse Energiegenossenschaften, die super coole Projekte umsetzen, aber kaum darüber reden. Dann kriegt es aber auch niemand mit. Das wollte ich bei uns verhindern. Kaum zu glauben, aber mittlerweile mache ich das seit zehn Jahren. Es macht einfach Spaß, über eine gute Sache zu reden, hinter der man zu 100 % steht.

Warum hat man sich damals für eine Genossenschaft entschieden und nicht für eine andere Rechtsform?

Für Solarprojekte ist die Genossenschaft in Deutschland eine der typischen Rechtsformen. Das liegt vor allem daran, dass es eigentlich die demokratischste Unternehmensform ist, die es so gibt. Bei uns zum Beispiel kann man schon ab 100 Euro Mitglied werden, bei manchen Genossenschaften sind es 250 Euro, aber generell sind die Beiträge relativ gering. Außerdem spielt es erstmal im Gegensatz beispielsweise zur Aktiengesellschaft keine Rolle, wie viel Geld man als Mitglied der Genossenschaft zahlt: Jedes Mitglied hat genau eine Stimme in der Generalversammlung. Das heißt, jeder und jede hat unabhängig von der Höhe seiner Investition das gleiche Mitspracherecht, um Belange der Genossenschaft mitentscheiden zu können. Es gibt zwar auch simplere Rechtsformen wie zum Beispiel bei Windparks, die öfter als GbR geführt werden. Hier sind es weniger Beteiligte und der Jahresabschluss ist nicht so komplex. Bei der Genossenschaft hingegen ist die Verwaltung aufwendiger, wird werden beispielsweise sehr genau durch den Verband. Geprüft. Das ist zwar in der Vorbereitung aufwendig, aber auch sehr gut, denn es führt dazu, dass Genossenschaften quasi nicht insolvent gehen.

Mittlerweile zählt die HEG weit über 1000 Mitglieder. Wirkt sich die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger konkret auf die Akzeptanz der Erneuerbaren in der Region um Heidelberg aus?

Laura Zöckler mit Kollegen (Foto: Heidelberger Energiegenossenschaft)

Wir haben aktuell 1.036 Mitglieder und es kommt pro Woche etwa eine Handvoll hinzu. Wir erleben seit vielen Jahren einen wirklich großen Zuspruch. Ich kann jetzt aber für Heidelberg natürlich nicht sagen, wie es ohne unsere Genossenschaft wäre. Aber es gibt natürlich viele Studien, die sich mit der Akzeptanz von Erneuerbare-Energien-Projekten auseinandersetzen. Die zeigen, dass die Akzeptanz steigt, wenn Menschen sich vor Ort beteiligen können und auch das Gefühl haben, ernsthaft gehört zu werden. Gerade auch bei Windenergieanlagen sieht man, dass bei einer inhaltlichen und finanziellen Beteiligung der Menschen der Widerstand deutlich abnimmt. Wenn wir mit Menschen ins Gespräch kommen, zum Beispiel an einem Marktstand oder über Social Media, erfahren wir letztendlich nur Zustimmung. Akteure vor Ort, wie Genossenschaften oder auch andere Initiativen, die sich mit Erneuerbaren Energien beschäftigen, können die Bedenken, die es bei Menschen vielleicht noch gibt, wirklich extrem gut auflösen und leisten viel Aufklärungsarbeit. Wir setzen die Projekte konkret um, bei uns kennt man die Menschen, die dahinter stehen. Wir sind kein anonymer Konzern. Wir steigern die regionale Wertschöpfung und die Renditen fließen an unsere Mitglieder zurück, also an die Menschen, die quasi neben den Anlagen wohnen oder die am Wochenende daran vorbeispazieren können. Wir werden die Energiewende nur schaffen, wenn die Menschen mitmachen, denn technologisch sind die Lösungen ja da. Es ist eine gesellschaftliche Herausforderung, diese Transformation rechtzeitig zu schaffen, und das funktioniert eben nur, wenn die Menschen mitgenommen werden und das ermöglichen wir Energiegenossenschaften.

Sie engagieren sich auch bei den Bürgerwerken, einem bundesweiten Zusammenschluss von Energiegenossenschaften. Wie kam es dazu?

Eigentlich habe ich mir schon in jungen Jahren geschworen, dass ich niemals Werbung für etwas machen würde. Ich sah Werbung immer kritisch, weil sie oft nur sinnlosen Konsum antreibt. Und jetzt mache ich quasi Vollzeit Werbung für die Energiewende in Bürgerhand. Ich bin 2015 als Praktikantin und Werkstudentin zu den Bürgerwerken gekommen. Nach meinem Studium wurde ich übernommen. Nun arbeite ich 70 Prozent bei den Bürgerwerken und den Rest der Zeit bei der HEG. Das ist wunderbar, denn ich weiß jeden Tag, wofür ich aufstehe, und kann mit meiner Arbeit die Welt ein bisschen besser machen.

Was ist das Besondere an den Bürgerwerken?

Die Bürgerwerke wurden 2013 als genossenschaftlicher Energieversorger gegründet. Neun Energiegenossenschaften hatten sich dazu zusammengeschlossen, darunter wir von der HEG. Als Genossenschaft bauen wir die Anlagen, erzeugen den Strom und speisen den Strom ins Netz. Wir hatten aber von Anfang an den Wunsch, einen Kreislauf aufzubauen, damit die Genossenschaft ihren Mitgliedern und auch anderen Menschen in der Region den erneuerbaren Strom auch selbst liefern kann. Dieser Vorgang ist jedoch ziemlich komplex. Viele arbeiten in den Energiegenossenschaften meist im Ehrenamt und ein solches System und das notwendige Kapital aufzubauen, schafft man unter diesen Rahmenbedingungen nicht. Deshalb haben wir uns getreu dem genossenschaftlichen Prinzip ‚Was einer nicht schafft, das schaffen viele‘ 2013 mit acht Energiegenossenschaften zusammengeschlossen und die Bürgerwerke als Dachgenossenschaft gegründet. Die Bürgerwerke sind also auch eine Energiegenossenschaft, nur dass hier nicht einzelne Menschen die Mitglieder sind, sondern die Energiegenossenschaften.

Mittlerweile sich 100 Energiegenossenschaften aus ganz Deutschland Mitglied bei den Bürgerwerken. Und diese können nun über die Bürgerwerke Menschen mit erneuerbarem Strom und Gas versorgen. Die Bürgerwerke übernehmen alle Aufgaben eines Energieversorgers und die Genossenschaften können vor Ort weiter ihre Arbeit machen. Mit den Einnahmen decken die Bürgerwerke ihre laufenden Kosten und was übrigbleibt, wird an die Energiegenossenschaften zurückgegeben. Das wiederum sichert uns feste Einnahmen, die wir in Personal und neue Projekte fließen lassen können.

Im März starten die Bürgerwerke eine Crowdinvesting-Kampagne. Wie werden solche Angebote angenommen?

Wir haben 2017 bereits ein erfolgreiches Crowdinvesting durchgeführt. Seitdem wurden wir immer wieder von Unterstützer*innen gefragt, wann man sich denn wieder auch finanziell an den Bürgerwerken beteiligen kann. Deshalb haben wir uns für ein neues Crowdinvesting entschieden, das am 1. März startet. Viele Menschen suchen nach nachhaltigen, vernünftigen Investitionsmöglichkeiten. Sie wissen, dass bei fast jeder Bank irgendwie auch Kohle und Atomkraft mitfinanziert werden und das Zinsniveau weiterhin sehr niedrig ist. Das trägt alles dazu bei, dass die Nachfrage bei uns steigt. Und das ist ja genau die Idee der Bürgerenergie: So viele Menschen wie möglich an der Energiewende beteiligen.

Mit Blick auf Bürgerwerke und Energiegenossenschaften – würden Sie den Satz unterschreiben: „Erneuerbare Energien demokratisieren im Gegensatz zur Atomkraft und Kohle die Energieversorgung.“?

Laura Zöckler (Foto: Heidelberger Energiegenossenschaft)

Ja absolut, denn mit Erneuerbaren Energien kann eben jede und jeder einen Beitrag leisten – durch Mitgliedschaft in einer Energiegenossenschaft oder auch mit einer Solaranlage auf dem eigenen Dach beziehungsweise mit einem Modul auf dem Balkon. Ein Balkon-Atomkraftwerk gibt es ja bisher nicht, auch wenn manche das angeblich gern hätten.

Klar, auch eine große Solaranlage kann man nicht unbedingt allein finanzieren, aber wenn man sich zum Beispiel zu einer Genossenschaft zusammentut, kann man dies gemeinsam tun und demokratisch über die eigene Energieversorgung mitbestimmen. Eine Beteiligung von Bürger*innen an fossilen oder atomaren Projekten ist schon aufgrund der hohen Investitionssummen eigentlich kaum möglich und ehrlicherweise war etwas Derartiges auch nie gewollt. Ich kenne auch niemanden, der sich direkt an einem Kohlekraftwerk beteiligen möchte.

Keine 30 Kilometer südlich von Heidelberg war bis 2019 das Atomkraftwerk Philippsburg in Betrieb. Hat die räumliche Nähe zur Atomkraft bei der Gründung der HEG oder bei Ihrem persönlichen Engagement für die Energiewende eine Rolle gespielt?

Bei mir selbst nicht, weil ich ursprünglich nicht aus Heidelberg komme, sondern aus Hessen. Da war Biblis näher. Ich lebte aber nie so nah dran, dass ich es als direkte Bedrohung wahrgenommen hätte, das war eher abstrakt. Wenn man in Heidelberg oben beim Schloss ist, sieht man bei gutem Wetter das Kohlekraftwerk in Mannheim und in der anderen Richtung Philippsburg. Da hat man ganz plastisch vor Augen, was man nicht will und wo der Weg hinführen muss. Ich und meine Mitstreiter*innen hätten die Energiegenossenschaft aber auch ohne ein Atomkraftwerk in der Nähe gegründet. Wir wissen, dass die Energiewende notwendig ist.

Man könnte leicht den Eindruck gewinnen, dass nur Deutschland Konsequenzen aus der Katastrophe von Fukushima vom März 2011 gezogen hat. Sie waren bei dem Unglück Studentin – können Sie sich noch daran erinnern, wie es Ihnen damals ging, als Sie die Bilder sahen?

Ja total, ich war beim Zahnarzt und habe dort die Nachrichten im Radio gehört. Am nächsten Tag bin ich mit Kommilitoninnen eine Woche in den Urlaub gefahren und ich habe tatsächlich fast die komplette Woche vor dem Fernseher verbracht. Die anderen haben Filme geguckt und Spaß gehabt – für mich war das einfach nur dystopisch. Tschernobyl war zwar vor meiner Geburt, aber ich wusste, was da passiert ist und wie gefährlich die Atomkraft ist. Aber, dass ich mit eigenen Augen live mitverfolgen würde, wie das Atomkraftwerk in Fukushima in sich zusammenfällt und alles verstrahlt, war für mich kaum fassbar.

Was könnte in den kommenden vier Jahren getan werden, um den Energiegenossenschaften die Arbeit zu vereinfachen?

Ein wichtiger Schritt wäre, die Komplexität und Bürokratie zu reduzieren. Das EEG umfasste mal wenige Seiten. Jetzt ist es auf hunderte angewachsen. Wenn man im Ehrenamt arbeitet, so wie es viele bei den Energiegenossenschaften tun, und keine eigene Rechtsabteilung hat, dann kann man sich mit solchen umfangreichen Gesetzgebungen und Änderungen kaum ausreichend auseinandersetzen. Wir haben zum Beispiel mit der HEG 2013 eines der ersten genossenschaftlichen Mieterstromprojekte umgesetzt. Wir hatten uns durchgewurstelt, weil wir damals so verrückte Studis waren. Wir wurden mit Auszeichnungen quasi überschüttet – neun Jahre danach sind solche Projekte für die meisten Genossenschaften und auch andere Akteure immer noch zu komplex. Obwohl die HEG ihr Wissen und ihre Erfahrungen regelmäßig in Mieterstrom-Workshops weitergibt. Das ist echt ein Problem, denn gerade in den Städten brauchen wir solche Modelle: Hier wohnen viele Bürger*innen in gemieteten Wohnungen und haben ungenutzte Dächer über sich. Wir müssen die Energiewende in die Breite bekommen, Solaranlagen auf Eigenheimen reichen nicht.

Außerdem wäre es wichtig, dass Deutschland jetzt, wie angekündigt, auch tatsächlich die EU-Richtlinie zum „Energy-Sharing“ umsetzt. Die alte Regierung war hier ja nicht so aktiv, aber ich bin ganz guter Dinge, dass es jetzt in die richtige Richtung geht. Weil die aktuelle Regierung schon aus Grundüberzeugung heraus mehr Lust haben sollte, Energiewende zu ermöglichen. Also ich glaube nicht, dass das jetzt super easy wird, aber ich hoffe, dass es auf jeden Fall an einigen Stellen einfacher wird.

Manchmal weiß man bei der ganzen Bürokratie nicht mehr, ob hier ein guter Wille dahintersteckte und es dann schiefgelaufen ist oder ob das wirklich aktiv gemacht wurde, um kleine Akteure auszubremsen. Die neue Regierung sollte einfach mal in die Gesetze reinschauen und überlegen, wo man Dinge vereinfachen könnte, damit wäre schon viel getan, für die Energiegenossenschaften und für andere Akteur*innen auch.

#ErneuerbarStattAtomar

„WO IN EUROPA KÖNNTE MAN WOHNEN, DASS MAN GARANTIERT VON KEINEM AKW BETROFFEN IST, VIELLEICHT ISLAND?

Jutta Paulus, Abgeordnete für die Grünen beim EU-Parlament

Interview

"Wo in Europa könnte man wohnen, dass man garantiert von keinem AKW betroffen ist?"

Ende 2022 gehen die drei letzten deutschen Atomkraftwerke vom Netz. Jutta Paulus », Abgeordnete für die Grünen beim EU-Parlament, spricht mit uns » über das geplante EU-Zertifikat für nachhaltige Finanzprodukte, heimischen Uran-Abbau und Haftungsversprechen für havarierte Atomkraftwerke im europäischen Ausland. 

„Wo in Europa könnte man wohnen, dass man garantiert von keinem AKW betroffen ist, vielleicht Island?

Ende des Jahres gehen die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz. Doch die Atomenergie ist damit nicht vom Tisch. Jutta Paulus, Abgeordnete für die Grünen beim EU-Parlament, spricht mit uns über das geplante EU-Zertifikat für nachhaltige Finanzprodukte, Uran-Abbau in Deutschland und Haftungsversprechen für havarierte Atomkraftwerke im europäischen Ausland.

Frau Paulus, am 31.12.2021 gingen drei weitere deutsche Atomkraftwerke vom Netz. Wo waren Sie und was ging in Ihnen vor?

Ich war tatsächlich aufgrund der Pandemie zuhause. Leider, sonst wäre ich wohl zu einer Abschiedsparty gefahren. Es gab zwar diverse Mahnwachen, aber eine wirkliche Party gab es leider nicht.

Sie sind in Gießen geboren. Im Umkreis von 260 Kilometer gab es drei Atomkraftwerke. Hat das für Sie als Kind und als Jugendliche eine Rolle gespielt?

#ErneuerbarStattAtomar

In meiner Kindheit und Jugend habe ich mich eigentlich wenig mit dem Thema Atomkraft auseinandergesetzt. Das kam erst mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl wie ein Paukenschlag. Damals war ich gerade kurz vor dem Abitur. Für mich war das wirklich eine Zäsur und es hat meine Haltung zur Atomenergie selbst nachhaltig verändert. Eigentlich bin ich eher naturwissenschaftlich orientiert und hatte den Beteuerungen der Atomtechniker, dass man alle Sicherheitsmaßnahmen ergriffen hatte, geglaubt. Und dann geht so ein Reaktor hoch und man erfährt es auch erst Tage später. Mein damaliger Freund, Physiker, hatte damals gesagt: ‚Ich bin heute bei uns im Institut nicht hereingekommen, weil die Strahlenschleuse angeschlagen hat.‘ Er war durch den Regen zur Arbeit gelaufen. Etwas, was mich in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr beunruhigt und mein Vertrauen in die Politik nachhaltig erschüttert hat, war die Aussage des damaligen Innenministers. Er sagte, die Strahlung mache mehr oder minder an der deutschen Grenze halt, es bestehe keinerlei Gefahr.

Die letzten Atomkraftwerke in Deutschland sollen nun in diesem Jahr stillgelegt werden, wie denken Sie darüber?

Eins davon ist Neckarwestheim, bei entsprechendem Wetter kann ich von meinem Balkon aus die Dampfwolke sehen. Da denke ich immer: ‚Mein Gott, die drei noch, hoffentlich halten sie so lange durch.‘ Gleichzeitig bin ich erleichtert und verspüre Bedauern, denn einer der stärksten Kämpfer, der zwar nicht Mitglied meiner Partei war, aber sehr viel zu diesem Ziel der Abschaltung beigetragen hat, Jochen Stay, wird das nicht mehr erleben, da er vor wenigen Tagen gestorben ist. Das ist wirklich sehr, sehr schade, weil Jochen sich wie kaum ein anderer für den Atomausstieg eingesetzt und auch nicht lockergelassen hat, als wir alle nach dem ersten Atomausstieg unter Rot/Grün dachten, es sei gelungen. Jochen war einer der wenigen, die gesagt haben: ‚Wartet ab, das kriegen wir wieder auf den Tisch gelegt. Sie arbeiten schon am Roll-Back‘. Und er hat recht gehabt.

Könnte das nochmal passieren?

Ich glaube, diese Gefahr ist jetzt gebannt. Es wird niemand mehr in Deutschland ein AKW bauen wollen. Ich bin wirklich froh, dass wir jetzt wirklich aus dem Betrieb der Atomkraftwerke rausgehen. Aber natürlich haben wir noch das Problem mit dem Endlager und wir haben immer noch die schwachradioaktiven Abfälle, für die wir auch noch keine wirkliche Lösung haben. Ganz zu schweigen von unseren Uran-Fabriken. Eigentlich ein Unding, dass ein Land, das selbst aus dieser Hochrisikotechnologie aussteigt, weiterhin zehn Prozent der Welt mit radioaktivem Brennstoff versorgt.

Gleichzeitig sorgt die EU-Kommission mit der Taxonomie für Furore, dass ausgerechnet Atomenergie in die Liste der „nachhaltigen“ Energieformen, die für Investoren interessant sein dürfte, aufgenommen werden soll. Ist das nicht absurd?

Die eigentliche Taxonomie-Verordnung ist im Dezember 2019 zwischen Rat und Parlament ausgehandelt worden. Man hat sich in der Taxonomie-Verordnung selbst auf bestimmte Kriterien, nach denen eine Tätigkeit als nachhaltig eingestuft werden kann, geeinigt. Dazu gehören sogenannte Umweltziele, wie Klimaschutz, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie etwa Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität, die nicht negativ beeinflusst werden dürfen. Wir waren uns damals aber einig, dass wir als Parlamentarier nicht die entsprechenden nachhaltigen Technologien auflisten. Das sollte eine Expertengruppe nach der Auswertung wissenschaftlicher Studien vorschlagen und die Kommission sollte diese dann in einem sogenannten delegierten Rechtsakt in die Taxonomie aufnehmen. Die Expertengruppe hat sehr lange – auch schon im Vorfeld – daran gearbeitet.

Im Frühjahr 2021 gab es dann einen ersten delegierten Rechtsakt, der beispielsweise die Renaturierung von Feuchtgebieten mit entsprechender Technologie hervorhebt oder eine Recyclingtätigkeit mit einer Wiederverwertung von mindestens 90 Prozent. Hier hatte man aber bewusst Atomkraft und Gas ausgeklammert, da schon während der Verhandlungen zwischen Parlament und Rat keine Einigkeit darüber erzielt werden konnte. Auch der jetzt vorgelegte zweite delegierte Rechtsakt darf eine Festlegung im Originalgesetz präzisieren und detaillieren, aber er darf sie nicht grundlegend ändern. Wenn jetzt aber die Kommission per delegiertem Rechtsakt sagt: ‚Wir betrachten die Atomenergie als nachhaltig‘, ändert das dann nicht im wesentlichen Maße den primären Rechtsakt? Dann würde die Kommission damit ihre Kompetenzen überschreiten. Und das ist der Hauptgrund, auf den Österreich und Luxemburg ihre Klage stützen wollen.

Was passiert, nachdem die Mitgliedsstaaten ihre Rückmeldung zum Rechtsakt der EU-Kommission gegeben haben?

Die Kommission schaut sich die Rückmeldungen an und ändert den Rechtsakt vielleicht oder auch nicht und veröffentlicht ihn dann offiziell. Danach läuft eine viermonatige Frist, innerhalb der sowohl das EU-Parlament als auch der Rat der Mitgliedsstaaten mit entsprechenden Mehrheiten den delegierten Rechtsakt ablehnen können. Wenn eine mehrheitliche Ablehnung nicht zustande kommt, dann gilt er als in Kraft getreten, bis die Rechtmäßigkeit eben eventuell durch eine Klage vor dem EuGH entschieden wird, wie schon jetzt von Österreich und Luxemburg geplant. Und wenn der Rechtsakt in Kraft tritt, dann privilegiert er Atomenergie und fossiles Erdgas als Übergangstechnologien. Er stellt sie zwar nicht auf die gleiche Stufe wie Erneuerbare Energien, de facto ist es jedoch so, dass zwar auf einem Finanzprodukt beispielsweise stehen muss, dass es Atomenergie oder fossiles Erdgas beinhaltet, aber trotzdem hat es erstmal das Taxonomie-Label.

War die Aufregung um die den Rechtsakt der Kommission absehbar?

Es war absehbar, insofern, dass Frankreich sehr große Probleme hat, seine Reaktorflotte zu modernisieren und, dass das notwendig ist, liegt auf der Hand: Im Moment stehen fünf Blöcke still, weitere zwölf könnten auch noch von dieser Schweißnahtgeschichte betroffen sein, von der noch überhaupt nicht klar ist, ob das überhaupt gelöst werden kann. Darüber hinaus hat der französische Energiekonzern, EDF, enorme Finanzprobleme. EDF ist verschuldet, der französische Strompreis ist staatlich gedeckelt und so verlieren sie gerade jeden Monat Geld. Und dadurch, dass sie ja faktisch der einzige Versorger sind, müssen sie aufgrund der stillstehenden Blöcke auch noch Gas zukaufen. Gleichzeitig hat Frankreich ja auch Atombomben, die in regelmäßigen Abständen erneuert werden müssen, weil Uran eben zerfällt. Frankreich hat also ein industriepolitisches Interesse daran, dass Atomenergie als nachhaltig gekennzeichnet wird, um frisches Geld anzulocken. Insofern war es erwartbar auch hinsichtlich der ehemaligen deutschen Regierung, die ja zum Teil auch in der jetzigen zu finden ist. Der deutschen Regierung war und ist es sehr wichtig, dass Gas als nachhaltig eingestuft wird.

Was sagen Sie zu Gas?

Als Grüne kennen wir die Studien, wir wissen, dass wir Spitzenlastkraftwerke brauchen. Aber das heißt nicht, dass diese in die Taxonomie sollten! Man kann Kraftwerke auch ohne Eingruppierung in nachhaltige Finanzprodukte einbauen – allein schon mit Blick auf die Renditeerwartung. Wenn ich weiß, wir steigen 100 Prozent auf Erneuerbare um, dann wird es Zeiten geben, in denen diese Gaskraftwerke laufen, weil vielleicht weniger Wind und Sonne verfügbar sind und sie auch entsprechend höhere Preise nehmen können.

Ist nur in Deutschland der Aufruhr so groß?

In Österreich ist er groß, in Luxemburg ist er groß. In Frankreich ist er ironischerweise deshalb groß, weil die französische Atomindustrie sagt, die Vorgaben für Atomkraft seien zu streng und es nicht sein könne, dass man die derzeit gültigen Sicherheitsstandards auch bei Laufzeitverlängerungen einhalten müsse. Eigentlich ist die Aufregung in ganz Europa groß. Die zentral- und osteuropäischen Länder empfinden hingegen die Vorgaben für die Gaskraftwerke als zu streng. Begeistert ist, ehrlich gesagt, niemand.

Wie ist die Stimmung im EU-Parlament?

Im Parlament gibt es mittlerweile verschiedene Initiativen unterschiedlicher Fraktionen und Akteur*innen. Es gab beispielsweise einen Brief, in dem eine ganze Reihe von Parlamentarier*innen mit ihrer Unterschrift sagten, die Atomenergie zerstöre die Taxonomie als Finanzinstrument. Ähnlich haben sich die Vorsitzenden des Umweltausschusses und des Wirtschafts- und Währungsausschusses geäußert, die seinerzeit für die parlamentarische Befassung mit der Taxonomie zuständig waren. Ein Brief von den ehemaligen Berichterstattern, die federführend verhandelt hatten, mahnt an, dass der jetzige Rechtsakt überhaupt nicht dem entspräche, was sie sich vorgestellt haben. Es wird also noch eine spannende Debatte. Ich halte es mittlerweile für nicht mehr ausgeschlossen, dass wir die absolute Mehrheit, die wir im Europaparlament brauchen, um diesen Rechtsakt abzulehnen, zusammenbekommen könnten. Sei es, weil es Leute gibt, die dagegen sind, weil es zu lasch ist oder eben Abgeordnete, die sagen, sie sind dagegen, weil es ihnen zu streng ist. In dem Fall stimme ich gern mit ihnen ab.

Wie wird es nun hinsichtlich einer Abstimmung im EU-Parlament und im EU-Rat weitergehen?

Wir werden vermutlich vor der Sommerpause über diesen delegierten Rechtsakt abstimmen, ob die Kommission ihn aufgrund der Rückmeldungen der Regierungen angepasst hat oder nicht. Im Parlament brauchen wir die absolute Mehrheit und im Rat wird die sogenannte verstärkte qualifizierte Mehrheit benötigt: Das heißt, 72 Prozent der Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung vertreten. 20 Mitgliedsstaaten müssten dagegen stimmen. Die sehe ich ehrlicherweise im Moment nicht.

Was würde denn passieren, wenn das EU-Parlament den Rechtsakt ablehnt und der EU-Rat nicht?

Es braucht nur aus einem der beiden Organe eine Ablehnung – das heißt, es würde reichen, wenn das EU-Parlament dagegen stimmt. Dann geht der Rechtsakt wieder zurück an die Kommission und die entscheidet, ob sie etwas Neues verfasst, dem das Parlament zustimmen kann. Die Kommission könnte aber auch gar nichts verfassen.

Gleichzeitig – auch schon vor der Taxonomie-Debatte – kommen auch hierzulande immer wieder die Einwände, man hätte die Atomkraftwerke als Brückentechnologie erhalten müssen, da sie einen angeblich sehr geringen CO2-Ausstoß hat. Was sagen Sie diesen Leuten?

Diesen Leuten sage ich immer, sie führen eine wirklich ahistorische Debatte, wenn sie glauben, man hätte 2011, im Jahr des zweiten Atomausstiegs, öffentlich auch nur in Erwägung ziehen können, alle Kohlekraftwerke abzuschalten. Tatsächlich wäre man schallend ausgelacht worden. Das war das Jahr, als das allererste Mal auf einem Grünen-Parteitag ein Antrag behandelt wurde, der für einen Kohleausstieg ein festes Datum vorgesehen hatte; das Jahr, in dem eine Partei in Deutschland das allererste Mal überhaupt das Wort Kohleausstieg in den Mund genommen hatte. Und ich glaube auch nicht, dass eine erneute Rückkehr zur Atomenergie angesichts der Menschenmassen, die auch nach dem Wiedereinstieg und Fukushima auf die Straße gegangen sind, gesellschaftlich hätte durchgedrückt werden können. Man kann dieses Gedankenexperiment durchführen, aber es ist müßig, weil es nichts mit den damaligen parlamentarischen und gesellschaftlichen Mehrheiten zu tun hat.

Wie gehen wir damit um, dass nach der Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke direkt hinter der Grenze Atomkraftwerke stehen und dann vielleicht auch noch in dem Zustand, wie die französischen?

Die grenznahen Atomkraftwerke sind ein steter Quell der Freude. Ich wohne selber in der Abluftfahne von Cattenom, wenn das mal hochgehen sollte. Natürlich beschäftigt uns das Thema schon sehr lang. Es gibt sowohl zu Cattenom als auch beispielsweise zu Tihange in Polen Initiativen aus den betroffenen Bundesländern, die versuchen auf diplomatischen Weg Einfluss zu nehmen. Was uns da aber entgegenschlägt, ist der unsägliche EURATOM-Vertrag von 1957. Ziel des Vertrags war es, eine starke europäische Atomindustrie aufzubauen und alles andere hatte sich dem unterzuordnen. Und dann gibt beispielsweise auch noch das Pariser Atomhaftungsübereinkommen mit einem gegenseitigen Haftungsversprechen. Wenn in Frankreich ein Atomkraftwerk havariert – die sind offiziell mit lächerlichen 82 Millionen Euro pro Reaktor versichert – springt der französische Staat ein. Aber, wenn der französische Staat will, kann er Deutschland, Spanien, die Niederlande, Belgien und zum Beispiel auch Schweden anrufen und sagen: ‚Ihr müsst uns unterstützen‘. Dann würde deutsches Steuergeld dafür eingesetzt werden, die durch dieses havarierte Atomkraftwerk entstandenen Schäden zu beseitigen.

Was kann man hier tun?

Das Problem ist, dass zum Beispiel der EURATOM-Vertrag ein zwischenstaatlicher Vertrag ist. Hier haben wir als Europaparlament keinerlei Möglichkeiten, aktiv zu werden. Meine Hoffnung war der Brexit, weil durch diesen einer der Unterzeichnerstaaten des EURATOM-Vertrages, nämlich Großbritannien, selbigen verlassen musste. Ich hatte gehofft, dass die deutsche Ratspräsidentschaft dazu genutzt werden könnte, innerhalb der Mitgliedstaaten eine Debatte darüber anzustoßen, wie man nun weiter mit diesem Vertrag umgeht. Dann kam aber die Pandemie und die Rechtsstaatlichkeitsdebatte mit Ungarn und alle hatten andere Sorgen. Aber die Frage bleibt: Wie gehen wir damit um, dass wir nach dem 31.12.2022 für eine Technologie mithaften, die wir selbst gar nicht mehr betreiben.

Warum wohnen Sie denn noch in der Nähe von Atomkraftwerken?

Ich bin hier 1990 hergezogen, als sämtliche deutsche AKWs noch liefen. Aber wo in Europa könnte man denn hinziehen, dass man garantiert von keinem AKW betroffen ist, vielleicht Island? Je nachdem, wie der Wind steht, „kriegt man es sowieso ab“. Man kann sich fast nur aussuchen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sein sollte, dass etwas passiert. Das gehört zu den Risiken, die man besser verdrängt, da man darauf sehr wenig Einfluss hat. Denn vielleicht zieht man irgendwohin und plötzlich wird im angrenzenden Land, beispielsweise in Polen, ein neues Atomkraftwerk gebaut. Um es kurz zu machen: Umziehen ist für mich keine Option, da engagiere ich mich lieber politisch, damit die Atomkraftwerke schnellstmöglich abgeschaltet werden.

#ErneuerbarStattAtomar

Enger Einsatz bei „Westerwälder Holzpellets“

Vor Beginn des Hebevorgangs muss der Kran zwischen Pelletsilos und Holzstapeln genau positioniert und mit Ballast von einem zweiten Fahrzeug zusätzlich beschwert werden.

Zwar hat das Arbeitsgerät, mit dem Henni Judt auf das Firmengelände der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) gekommen ist, seinerseits bereits ein beachtliches Leergewicht von 62 Tonnen. Doch bevor der eigentliche Hebevorgang startet, mit dem die neue Transformatorenstation an den geplanten Platz gesetzt werden wird, lädt der routinierte Kranfahrer weitere 40 Tonnen Ballast auf das Gefährt.

Beim “Umscheren” wird die benötigte Anzahl an. Hubseilsträngen vorbereitet. Jeder Strang könne zehn Tonnen tragen, erläutert Henni Judt.

Fast 30 Jahre lang ist Judt als Fahrer von Autokränen aktiv. Das bullige grün-rote Exemplar, das er früh um sieben zum Westerwälder Energieversorger gesteuert hat, ist seinerseits als Schwertransport mit einer Ausnahmegenehmigung unterwegs gewesen. Denn das Fahrzeug ist ein überbreiter und eben schwerer 250-Tonner: Dieser kann im eingefahrenen Zustand am Grundmast am Fahrzeug theoretisch 250 Tonnen schwere Lasten heben. „Mit jedem Meter, den ich den Mast weiter rauslege, wird das natürlich weniger“, erklärt Judt.

Angefangen habe alles einmal „ganz, ganz klein“, schüttelt Henni Judt den Kopf auf die Frage, ob er während seiner gesamten beruflichen Laufbahn so große Kräne bewegt habe. „Wenn mir vor 30 Jahren jemand gesagt hätte, dass ich heute einen 250-Tonner fahre, hätte ich es nie geglaubt!“

Drei Meter breit ist das für die Trafostation bei den WWP und „MANN Energie“ benötigte Fahrzeug, während Lkw sonst knapp 2,50 messen. Mit dieser Überbreite ist für die Fahrt zum Einsatzort eine „Wegstreckengenehmigung“ erforderlich, in der jede Straße, die Henni Judt nutzen will, aufgeführt sein muss. Allerdings: Die Genehmigungsvoraussetzungen seien im föderalistischen Deutschland einmal mehr von Bundesland zu Bundesland verschieden. So musste Judt sich vom Firmensitz in Burbach bis zu Landesgrenze von Rheinland-Pfalz am „Siegerlandflughafen“ durch ein Begleitfahrzeug absichern lassen; den Rest der Wegstrecke aufs WWP-Firmengelände durfte er ohne zurücklegen. „Da muss man ebenfalls stets genau hinschauen: Was darf ich wo, wo darf ich herfahren?“

Der Kran-Motor leistet knapp 600 PS und bewegt den „Unterwagen“ wie den „Oberwagen“, sprich: Mit ihm fährt der Kran, und ebenso ist das Aggregat der Antrieb beim Heben. „Die 600 PS brauche ich eigentlich hauptsächlich, um die 62 Tonnen Eigengewicht auf der Straße zu bewegen. Der Oberwagen käme mit wesentlich weniger aus“, berichtet Henni Judt, „aber dank der heutigen Elektronik läuft der Motor, wenn er den Oberwagen antreibt, in einem Sparmodus und verbraucht dabei längst nicht so viel Diesel, wie bei der Fahrt auf der Straße.“

Der Einsatz bei den WWP sei durchaus etwas enger gewesen von den räumlichen Verhältnissen, urteilt der Erfahrene: Beim Drehen musste die Trafostation sanft über Holzstapel und eine sie stützende Mauer hinweg gehoben werden. Zugleich stand der Kran begrenzt zwischen Holzstämmen auf der einen und dem WWP-Kraftwerk auf der anderen Seite. „Darum konnten wir nur rechtsherum drehen, obwohl der Weg damit etwas weiter war. Für eine Drehung nach links war allerdings nicht genug Raum. Das muss man schon alles berücksichtigen“, betont Kranfahrer Judt. „Der Ballast zum Beispiel schwenkt 1,10 Meter über die Stützen hinweg. Das muss man beim Aufbauen einplanen, damit man hinterher, wenn gehoben wird, nicht plötzlich feststellt, dass zu wenig Platz ist.“

Viele andere Details wie etwa die Beurteilung, ob unter die Stützen zusätzliche „Baggermatten“ gelegt werden müssten, seien zu beachten. „Der Stützdruck erhöht sich, je weiter ich auslege“, so Judt. „Aber da sind wir hier heute mit einem geringen Risiko gefahren, weil die Stützen nicht sehr weit raus waren. Es hat sich auch nichts verformt am Boden“, urteilt der Fachmann nach getaner Arbeit zufrieden.

Das Rezept, um den Hebevorgang mit dem schweren Transformator am Ende auf den Zentimeter genau hinzubekommen, sei eben wirklich, sich alles genau anzugucken, wenn man ankomme, unterstreicht Henni Judt nochmals. „Wenn es nicht klappt, muss man nämlich zeitintensiv ganz zurück- und umbauen. Unser Außendienst-Kollege war ebenfalls hier und hat sich sämtliches angesehen – aber ich kontrolliere zu Beginn noch einmal für mich, ob er alles bedacht hat. Denn vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei.“

So sei das Fahrzeug, das den Trafo von der Firma Scheidt abgeholt und des Nachts nach Langenbach gebracht hat, sehr lang gewesen, „mit sechs Metern Überhang. Darum haben wir vor Beginn der Arbeiten die Lage hier noch einmal verändert, den Transporter näher herangesetzt. Denn viel weiter als elf Meter hätte man den Kran bei dem Gewicht, das mit dem Trafo angehängt wurde, nicht auslegen können!“

Komplett ausgefahren, wird der Mast des Krans 70 Meter lang. “Dann allerdings könne man noch einen Eimer Wasser dranhängen”, scherzt Kranfahrer Henni Judt.

Selbstverständlich wird das beeindruckende Arbeitsgerät der Firma Dornseiff heute komplett elektronisch per Joystick gesteuert. Und die Technik unterstützt den Kranfahrer vielfältig: Der „Rüstzustand“, die Position, in der gearbeitet wird, wird vorab in einen Bordcomputer eingegeben. „Darauf sehe ich genau, was ich wohin fahren kann, und ebenso regelt die Technik den Grenzbereich ab“, beschreibt Judt die Vorzüge. Eine Ampel über dem Kranführerhaus zeigt grünes Licht, solange die Werte im unkritischen Bereich liegen und würde „gelb“ warnen, wenn es in Richtung der Maxima ginge. „Bei 99 Prozent Auslastung geht die Ampel auf ‚rot‘ – und dann ist auch Ende“, stellt Henni Judt heraus. Während des gesamten Hebevorgangs bei den WWP zeigt die Ampel dank guter Vorbereitung durchgängig „grün“, bis der Trafo an seinem Bestimmungsort aus den großen acht Hacken ausgehängt wird, mit denen der Kran ihn über Holzstapel hinweg gedreht hatte.

Ohnehin: Der Einsatzort bei den WWP sehe „ganz unscheinbar“ aus. „Doch wir stehen hier an einer Schräge mit dem Trafo-Transporter. Das ist immer wieder einer Herausforderung, da die Last dann ja nicht gerade hochgehoben wird, sondern erst am einen Ende. Der Kran biegt sich auch dabei, durch die Biegung verändert sich wiederum die Länge des Krans. Das muss ich ebenfalls im Augen behalten und habe dafür die entsprechenden Anzeigen.“ Bis zu unglaubliche zwei Metern könne die Biegung bei einem langen Mast ausmachen.

Der Reiz an diesem Beruf sei für ihn, sagt Henni Judt vor der Abfahrt zum Rückweg zufrieden, dass man „überall“ unterwegs sei – „vom Pelletwerk bis zur Windkraftanlage. Alles, was schwer ist und gehoben werden muss“, zwinkert der sympathische Kranfahrer. Und in diesem Fall der Energiewende nützt.

Roger Lenser